Donnerstag, 27. Dezember 2012
Sonntag, 16. Dezember 2012
Samstag, 15. Dezember 2012
Mittwoch, 28. November 2012
cornarea ...
Der
Nebel leuchtete in vielen Farben. Ein durchsichtiges Rot glühte am
stärksten und in ihm funkelten Sterne. Zwischen den Schichten aus
weißem und blauem Dunst schoss eine erstarrte Fontäne in den mit
Sternen gesprenkelten Raum hinaus. Violette Fetzen schienen sich von
dem Farbspiel zu entfernen und doch schienen sie sich nicht zu
bewegen, als seien sie erstarrt, so, als würde man bloß ein Foto
betrachten. Und dabei rasten die bunten Explosionsüberreste mit
ungeheuren Geschwindigkeiten auseinander.
Der
Nebel lag direkt voraus, vielleicht bewegten sie sich direkt auf ihn
zu und obgleich sich die Arche der Lichtgeschwindigkeit von Tag zu
Tag immer mehr annäherte, würden sie den Nebel wahrscheinlich
niemals erreichen. Noch wahrscheinlicher war es, dass sie tatsächlich
bloß ein Bild dessen was einst gewesen ist betrachteten und dass der
Nebel schon seit ewigen Zeiten nicht mehr da war, abgesehen von
seinem Licht, dass es vor vielleicht Millionen von Jahren abgegeben
hatte.
Die
Arche durchsegelte das alte Sonnensystem nun schon seit 38 Jahren und
erreichte jetzt die Oortsche Wolke, die letzte Etappe durch das
Sonnensystem. In ungefähr genau so vielen Jahren würden sie auch
diesen Bereich des Sonnensystems verlassen und sich im interstellaren
Raum befinden. Dann waren sie wirklich einsam, denn abgesehen von
einigen Atomen, etwas Staub oder Strahlung, existierte dort gar
nichts.
Yiru
stand barfuß auf dem Rasen in der Biosphäre der Arche. Er starrte
nach oben in den Weltraum hinaus. Die Sterne schienen weniger
geworden zu sein. Als er noch in den Kindergarten ging, waren sie
überall zu sehen gewesen. Es schien, als hätte sie ein dunkler
Nebel verschluckt.
Yiru
seufzte. Er hielt Ausschau nach Kometen. In einem Buch hatte er
gelesen, dass die Wolke voll von ihnen sein musste, bisher hatte er
aber noch keinen einzigen gesehen. Viele hunderttausende dufte man
erwarten, hieß es in dem Buch, vielleicht sogar viele Millionen von
diesen Eisklumpen. Da war aber nichts.
Jemand
legte ihm seine Hand auf die Schulter und drückte kurz.
Nun
ja, was hatte er denn erwartet? Er war doch nicht dumm. Selbst wenn
es viele Milliarden von diesen Eiszapfen geben würde, wäre es
schwierig sie mit bloßem Auge zu sehen. Nicht nur, weil es in diesem
Teil des Sonnensystems sehr dunkel war, sondern auch, weil sich diese
unzähligen Objekte auf einen Raum von mehr als einem Lichtjahr
verteilten. Aber vielleicht hatte er eines Tages ja Glück.
Der
Administrator stand neben ihm. Er schaute auch eine Weile in die
Dunkelheit über ihnen, dann sah er zu Yiru runter.
„Wir
haben ein Problem beim Ersten Segel – hilfst du uns?“
Yiru
nickte. Beide gingen über den Rasen zurück zur Schleuse.
Nboo
wies den Computer an ihre neuen Koordinaten an die Sternwarte weiter
zu geben, als Finn den Raum betrat. Sie grüßten sich beide, indem
sie jeweils dem anderen ihre rechte Hand auf die linke Schulter
legten und kurz drückten.
„Ich
glaube, wir haben genug Bildmaterial davon“, sagte Nboo. Sie zeigte
auf den großen Display auf dem der bunte Nebel zu sehen war. „Ach,
und ich glaube, das Filterprogramm des Computers hat einen Fehler –
ich kriege das Ultraviolette Licht nicht mehr rein.“
„Das
kann gar nicht“, sagte Finn. Er legte seine Finger auf das Display
und bewegte das Bild wie ein Foto auf einer glatten Scheibe, so, dass
der Bereich des Bildes, welches er näher betrachten wollte auf dem
Display zentriert war. Mit der anderen Hand winkte er das Bild näher
heran und es sprang aus dem Display heraus und blieb wie ein
geisterhaftes Bild im Raum schweben, doppelt so groß wie vorher.
„Das
verstehe ich auch nicht“, murmelte er.
Nboo
zuckte mit den Schultern.
„Hör
mal, ich muss mal duschen gehen, kann ich dich alleine lassen?“
Finn
nickte.
„Geh
ruhig, du hast Pause.“
Montag, 19. November 2012
Mikrowellen Geist
Donnerstag, 15. November 2012
Mittwoch, 31. Oktober 2012
Mal eben
Frau
Winter machte die Augen auf. Sie konnte sie nicht ganz aufmachen,
dafür war sie zu schwach oder zu müde. Sie fühlte sich eher müde,
als schwach aber mit Sicherheit war sie auch schwach, denn sie konnte
sich kaum noch bewegen, obwohl sie es vor einigen Tagen noch getan
hatte.
Die
Schwester stand am Fußende ihres Bettes, vielleicht war es auch
dieser Pfleger. Sie schaute nur auf sie herab. Wahrscheinlich machte
sie ein zur Situation passende Miene. Vielleicht war sie wirklich
traurig oder sogar erschrocken über den raschen Wandel, der sich in
Frau Winters Gesicht vollzogen hatte.
In
den letzten Tagen hatte eine Schwester ihr noch die Haare gekämmt,
weil sie früher gerne gut ausgesehen hatte, zumindest fein. Frau
Winter hatte genickt, als sie fragte, ob das so gut ist. Sie konnte
im Spiegel nicht viel erkennen, nur eine Frau die im Bett lag aber
sie hatte andere Gedanken im Kopf. Der Winter stand vor der Tür und
wenn sie sich recht erinnerte, musste dann dafür gesorgt werden,
dass genug zu Essen da war – im Keller. Sie wollte sich die Lage
mal ansehen, da unten, wenn es ihr wieder besser ging.
Sie
fühlte sich trocken an im Gesicht. Vielleicht müsste sie sich mal
wieder eincremen. Irgendjemand müsste sie ins Badezimmer schieben
aber nur wenn es nicht allzu sehr weh tat. Sie würde ja sehen, es
muss nicht unbedingt heute sein.
Eigentlich
hatte sie etwas Angst vor dem was auf sie zu kam. Es ging auf einmal
so verdammt schnell. Ihren Sohn wollte sie auf jeden Fall noch einmal
sprechen. Nur sehen würde ihr sogar ausreichen. Egal wie. Sie musste
ihn wohl möglich noch zum Einkaufen schicken, sie hatte das sichere
Gefühl, dass einige extra Dosen aus dem Kaufhaus noch nötig seien.
Bald würde es schneien, der Winter stand vor der Tür. Sie würde
sich die Lage im Keller noch einmal ansehen müssen.
Ihr
Gesicht war grau. Vor wenigen Tagen hatte sie noch rote Wangen
gehabt. Sie hatte im Garten gearbeitet, musste ja alles für den
Winter gemacht werden. Später ist der Boden zu hart. Die Augen
fielen in den Kopf hinein, die Wangen auch. Fast so, als würde
jemand die Luft aus ihren Kopf pumpen, wie aus einem Ball. Überhaupt
traten an den unmöglichsten Stellen ihre Knochen zum Vorschein. Sie
wäre gerne ins Bad gefahren worden, um sich etwas frisch zu machen,
so konnte sie doch ihre Gäste nicht empfangen. Ihr Sohn wollte
kommen und seine Frau und die Kinder. Er müsste noch einkaufen gehen
aber darum würde sie ihn erst morgen bitten.
Die
Luft war nicht so gut in dem Zimmer. Sie musste tief einatmen und
hatte sie gerade überhaupt geatmet? Jetzt hatte sie wirklich Angst.
Sie würde doch nicht vergessen zu atmen, oder? War es denn schon
soweit? Sie hatte ansonsten keine Schmerzen, nur die Angst tat im
Moment etwas weh. Jemand nahm ihre Hand in die seine. Frau Winter
hatte die Schwester vollkommen vergessen. Sie lächelte ihr zu aber
sie konnte sie nicht mehr sehen. Sie sah aber das Zimmer, sie lag in
diesem vollautomatischen Bett in der ersten Etage. Draußen schien
die Sonne und es war tatsächlich Winter. Es schneite. Sie konnte
ihre Augen nicht mehr aufmachen. Das Sonnenlicht flackerte in
Strähnen auf den Wänden im Zimmer. Da stand ihr Sohn mit seiner
Frau und er hielt ihre Hand. Aber auch die Schwester war da. Frau
Winter hatte sich nicht getäuscht.
Ja,
lebt wohl, Kinder. Sie saß auf der Wand an der bunte Bilder hingen.
Kalender mit Früchten für jeden Monat des Jahres, ein Bild einer
kleinen Katze und eingerahmte Fotos. Etwas zog sie langsam nach oben
zur Decke aber das war schon in Ordnung. Sie hatte keine Angst runter
zu fallen, es passierte alles mit Ruhe. Nur ihr eigener Körper
überraschte sie, als sie ihn im Bett unter sich liegen sah.
Die
Schwester nickte. Sie sagte wohl so etwas wie: „Ja, sie ist
gegangen.“ und trat einen Schritt zurück. Ihr Sohn hielt noch
immer ihre Hand. Er weinte nicht oder so, er schien nur erleichtert
und Frau Winter war froh darüber.
Dann
sah sie nicht mehr was zur Rechten oder Linken passierte. Dort wurde
es zunehmend dunkler und auch unten oder oben konnte sie immer
weniger erkennen. Sie blickte durch einen Tunnel, durch ein Rohr
welches immer schmaler wurde. Bald konnte sie nur noch einen kleinen
Punkt aus hellem Licht sehen und das war die Welt die sie gerade
verlassen hatte. Sie war so klein wie ein Stecknadelkopf.
Henry Jones
Henry
Jones schnallte sich ab. Irgendwie hatte sich dieser Gurt doch
verstellen lassen? Als das Flugzeug in Flughöhe war hatte er es sich
sogar erklären lassen aber jetzt erinnerte er sich nicht mehr.
Einige Reihen weiter auf der anderen Seite des Ganges saß ein Junge
und schaute immer wieder zu ihm herüber. Er war vielleicht 12 Jahre
alt. Vorhin hatte Henry ihm die Zunge raus gestreckt aber das schien
ihn für den Kleinen nur noch interessanter gemacht zu haben. Henry
beachtete ihn nicht mehr. Er hatte eigentlich wichtigeres zu tun aber
er fand keine Konzentration, nicht in so einer Höhe, in einer
kleinen Büchse über dem Meer. Seine Rede, die er morgen früh in
Leipzig halten wollte, brauchte noch einige Notizen und Verweise, an
einigen Stellen war er nicht ganz mit seinem Schreiber einverstanden
gewesen und wollte sich etwas eigenes überlegen aber wie auch immer,
er würde das ganze wohl verschieben müssen. Sobald er im Hotel
seine Ruhe hatte würde er sich die ganze Sache mal ansehen. Im
Moment schlugen ihm die ungewohnten Geräusche der Motoren auf den
Magen und das ständige Auf-und-Ab ließ ihn jedes Mal tief Luft
holen. Dabei flog Henry nicht zum ersten Mal, daran gewöhnen würde
er sich wahrscheinlich dennoch nie mehr. Abgesehen davon saß er noch
nie in einer so kleinen Maschine, hier spürte man umso mehr wo man
sich gerade befand. Da war schon wieder dieses Geräusch! Nein,
dieses Mal klang es anders...
Dunkle
Wolken schlugen gegen das Glas – es war schwarzer Rauch! Henry
starrte auf das Fenster, er konnte nicht raus sehen – alles dunkel.
Er blickte sich um. Ein verschrecktes Raunen ging durch die enge
Röhre. Eine Flugbegleiterin tauchte auf, sie taumelte, als sei sie
betrunken. Erst dann merkte Henry dass das Flugzeug schief zur Seite
abdriftete. Weiße Wolken zogen nun an seinem Fenster vorbei und
Felder einen Kilometer weit weg. Die ersten Schrei und weitere
gesellten sich dazu, eine Stimme panisch und die Flugbegleiterin flog
in die Reihen zu den Füßen der Passagiere. Henry lag mit seinem
Oberkörper auf der Wand und kam in dieser Position nicht umhin aus
dem Fenster zu starren und den Erdboden rasend schnell auf sich
zukommen zu sehen. Doch das Flugzeug stabilisierte sich langsam
wieder. Die Flugbegleiterin stand wieder auf.
„Bitte
bewahren sie Ruhe und hören sie mir zu!“
Das
Geschrei wurde nach diesen Worten schlagartig leiser aber nicht ganz.
Das Flugzeug hatte sich wieder auf den Bauch gelegt – die
Flugbegleiterin konnte aufrecht stehen.
„Sie
sehen über sich...“, begann sie und wurde unterbrochen.
„Runter,
runter!“
Der
Pilot hatte durch die Sprechanlage geschrien – im selben Moment
krachte es. Das Flugzeug schien von 600 km/h auf 0 km/h in nur
wenigen Sekunden ab zu bremsen und die Sitzreihen glichen und fühlten
sich an wie eine Achterbahn die sich abrupt in Bewegung setzte um
gleich darauf gegen eine Wand zu fahren. Sitzreihe um Sitzreihe
krachte auf ihren Vordermann und quetschte ihn mit Wucht gegen den
nächsten Vordermann. Auf Höhe der Fenster zersprang die Röhre,
riss auf wie mit einem unsichtbaren Messer aufgeschlitzt, wie durch
verkrustete Butter. Die gestapelten Sitzreihen kippten teilweise aus
dem Riss hinaus ins Freie. Die Flugzeugwände wellten sich und
verbogen sich, als seinen sie aus etwas Gummiartigem mit viel
Styropor dran welches in Splittern durch den Raum flog.
Henry
hatte es aus seinen Sitz geworfen. Er hatte fast einen halben Salto
hingelegt, dann knallte er gegen die Decke und spürte nur noch wie
er in die Tiefe fiel, als er plötzlich kalte Luft auf seiner Haut
vernahm. Er atmete Rauch ein und seine Augen schienen voller Sand zu
sein. Durch Tränen sah er etwas Grünes vor sich. Die Sonne ging
gerade auf, es war feucht. Er hörte schrille Sirenen die keine Pause
machten und Feuer prasselte in seinen Ohren. Blinzelnd und über
seine Augen wischend versuchte er mehr zu erkennen. Er setzte sich
mit Leichtigkeit auf, er hatte sich nicht einmal etwas gebrochen und
er hatte sich selten so stark gefühlt – wenn nicht dieser Sand in
seinen Augen wäre.
Die
Sirenen schrillten um ihn her und griffen seine Nerven an aber es
waren gar keine Sirenen – da schrien viele Menschen auf einmal. Ein
Auge hatte er schließlich gesäubert und sah... Maisstauden.
Freitag, 26. Oktober 2012
dskhaled
Khaled
schloss die Mappe. Er hatte gelesen, als das Mädchen in seine Paxis
kam. In einem sehr beschädigtem Zustand. Sie humpelte an sein Pult
und stützte sich ab.
„Ich
brauche Hilfe“, sagte sie.
Khaled
nickte. Er sprach nur sehr selten, denn noch immer fiel ihm die
Sprache sehr schwer.
„Meine
Füße sind kaputt und einpaar Rippen auch.“
Khaled
stand auf, legte seine Mappe in die Schublade, dann kam er um den
Pult herum, um sich das Mädchen genauer anzusehen.
„Du
bist n Roboter?“
Sie
schüttelte den Kopf.
„Ein
Mensch“, sagte sie.
Khaled
nickte. Er kannte sich auch mit der menschlichen Anatomie aus, sie
hatte große Ähnlichkeit mit der eines Roboters aber die
Vorgehensweisen um einen Roboter oder einen Menschen zu reparieren
unterschieden sich sehr.
„Welche
Prothesen?“, fragte er.
Das
Mädchen schien ihn für einen kurzen Augenblick zu scannen.
„Mein
Gehirn ist organisch“, sagte sie dann.
Khaled
nickte nur.
„Setz
dich“, sagte er und zeigte auf seinen Pult. „Ich gucke erst deine
Füße an.“
Das
Mädchen setzte sich. Ihre Arme zitterten leicht und sie hielt ihre
Augen nur mit Mühe offen. Khaled kannte die Symptome. Er ging durch
den Raum und machte eine Türe auf hinter der sich ein kleiner
Abstellraum verbarg. Dort standen künstliche Organe in Gläsern auf
Regalen, Arme, Beine und jede Menge Medikamente.
„Iss“,
sagte Khaled. Er reichte dem Mädchen zwei Zuckerwürfel. Sie
schnappte sie ihm aus der Hand und schmiss sie sich in den Mund. Dann
beobachtete sie den Mann wie er sich vor sie hin kniete und ihr die
Schuhe und Socken auszog, um sich die kaputten Füße an zu sehen.
„Kannst
du dein Fuß bewegen?“, fragte er.
Sie
schüttelte den Kopf.
„Was
hast du gemacht?“, fragte er.
„Gespielt.“
Khaled
konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Er stand wieder auf, um ein
Skalpel aus dem Abstellraum zu holen.
„Ich
mach die Haut ab und versuch zu reparieren, okay? Kannst du
bezahlen?“
Das
Mädchen nickte. Sie machte ihre Lederjacke auf. Dann legte sie eine
Identifikationskarte auf den Pult.
„Deine?“,
fragte Khaled.
Das
Mädchen sah ihn böse an.
„Acha“,
machte Khaled. Er schnitt den Fuß des Mädchens der Länge nach auf
und zog die Haut auseinander. Die kybernetischen Knochen darunter
waren alle gebrochen und hatten sich tief durch das andere Gewebe
gebohrt und somit sehr wahrscheinlich auch viele Rezeptoren zerstört.
Auch entdeckte er einige kleinere Brandstellen, was darauf schließen
ließ, dass das Mädchen aus einer großen Höhe gesprungen sein
muss. In einem solchen Fall wurde sehr viel mehr Energie in die stark
beanspruchten Regionen des Körpers geleitet – bei einem Aufprall
entlud sich diese Energie, wenn die Materie brach.
„Ich
wechsle Knochen aus und alles ist okay aber du kannst dann weniger
fühlen“, erklärte Khaled und das Mädchen nickte.
Er
machte sich an die Arbeit. Mit einem Gerät das wie ein Lötstab
aussah löste er die Knochen und nahm sie aus den Füßen des
Mädchens. Dazu musste das Mädchen mit ihrem Gehirn zulassen, dass
ihre Knochen sich lösen ließen. Früher, als es diesen
Schutzmechanismus noch nicht gab, gab es Waffen, die gegen
kybernetische Menschen verwendet werden konnten. Man konnte sie mit
einer Fernbedienung auseinander nehmen und sie fielen einfach in sich
zusammen, wie mit Stangen und Stöckchen gefüllte Säcke.
„Ich
kenne sie nicht“, sagte das Mädchen.
Khaled
sah auf. Er hatte die letzten Stücke aus dem Gewebe geholt.
„Ich
bin noch nicht lange hier“, sagte er.
„Andere
würden das nicht machen“, sagte sie.
Khaled
besprühte die offenen Stellen mit einem Desinfektionsmittel welches
gleichzeitig Millionen Bakterien enthielt, die ihre Arbeit aufnahmen.
Er stand auf um die neuen Knochen zu holen. Sein Blick fiel auf die
Identifikationskarte auf dem Pult. Der Name auf der Karte war der
eines Mannes. Das Mädchen legte ihre Hand auf die Karte. Khaled
legte die neuen Knochen in Position.
„Nicht
bewegen – deine Füße jetzt“, sagte er.
Er
schloss die Haut mit einem Laser, welcher auch an diesem merkwürdigen
Lötkolben war.
„Die
Narbe geht weg.“
Er
nahm einen Stift aus seiner Hemdtasche – ein Naniten-Pen. Er
drückte das spitze Ende ins Schienbein des Mädchens und drückte am
anderen Ende einen Knopf herunter. Eine Weile wartete er, bis der
Inhalt ganz initiiert war, dann atmete er aus.
„Fertig.“
dsalice (Battle Angel Alice) ;p
Der
größte Teil der Dusonstadt lag unter einem Nebel. Viele Türme
ragten aus den Wolken heraus. Große Zeppelin flogen dazwischen und
leuchteten ihre Werbung in den Raum. Am Horizont landete eine
Raumfähre. Hier oben war die Milchstraße zu sehen und tausende
Sterne. Die Geräusche klangen dumpf aus der trüben Suppe die sich
über die Stadt gelegt hatte.
Alice
saß auf einem dicken Stück Kabel das aus der Wand eines
Wolkenkratzers ragte und den Zeppelin und anderem Flugverkehr als
Energiezufuhr diente. Sie lehnte mit dem Rücken an der kalten Wand
des Gebäudes und schaute zu den Sternen auf. Ihre Beine schwang sie
hin und her, ganz sorglos, als würde sie nicht in 3 Kilometern Höhe
auf einem Stück Kabel sitzen sondern auf einer kleinen Mauer in
einem Vorgarten der Außenbezirke.
Der
Wind trieb ihr pechschwarzes Haar in den Osten, ihr Blick hatte einen
Stern im Westen fixiert. Es war ein besonders heller Stern,
vielleicht gar kein Stern, ein Planet oder etwas großes im Orbit des
Planeten.
Der
Nebel riss an einer Stelle auf. Darunter brannte helles Licht in
vielen Farben aber vor allem gelb und weiß – so hell, dass es
blenden konnte. Dann schloss sich das Loch langsam wieder. Doch Alice
hatte etwas entdeckt. Jemand hatte vergessen ein Fenster zu schließen
und das war eine Chance für sie. Bevor sie sich vergewissern konnte,
hatte der dichte Nebel die Lichter wieder verschlungen.
Sie
stand auf. Schaute über die aufragenden Türme hinweg, ließ ihren
Blick schweifen. Ein Zeppelin näherte sich ihren Turm unter ihr.
Viel zu tief, sie musste sich beeilen. Sie sprang hinunter auf ein
Lüftungsschacht – ihr Aufprall war so heftig, dass sich das Metall
unter ihren Füßen verbog. Sie nahm keine Notiz davon, sprang noch
einige Meter in die Tiefe und landete auf einer Luftverkehrslampe und
Antenne. Das rote Licht am Ende der langen Antenne schwang hin und
her aber sie hatte sich schon in den Raum geworfen und klatschte der
Länge nach auf der Oberfläche des Zeppelin-Tanks.
Sie
hatte nicht viel Zeit, setzte sich sofort auf, machte ihre Lederjacke
auf und kramte aus der Innentasche einen Kommunikator heraus. Schon
kamen zwei spinnenartige Reperatur-Roboter (SB-WK Arach-Typ) über
den Tank auf sie zu gekrochen. Sie zielte mit ihrem Kommunikator wie
mit einer Fernbedienung auf einen der Roboter und dieser blieb
stehen. Der andere hatte sie bereits erreicht. Er hatte den Alarm
ausgelöst, da war sich Alice sicher, trotzdem schaltete sie auch den
zweiten aus. Sie musste weiter.
Der
Zeppelin flog schwerfällig an einem weiteren Turm vorbei und Alice
sprang. Sie konnte sich an einer Schiene für die Erbauer-Einheiten
fest klammern. Über ihr arbeitete ein solches Monstrum. Gigantische,
unförmige Panzer mit vielen Roboterarmen, Antennen und über und
über mit Rohren und Kabeln bespannt. Sie sahen eher aus, wie ein
Haufen Schrott, den jemand künstlerisch zu gestalten versucht hatte.
Alice
kletterte an der Schiene hinunter. Sie tauchte in den dichten Nebel
und spürte wie die Feuchtigkeit unter ihre Kleider kroch und sich
auf ihre Haut legte. Sie spürte die Spannung auf ihrem Körper
steigen. Ihre Haare waren schon elektrisiert und standen ihr zu
berge. Sie kletterte unbeirrt weiter. Es wurde wärmer, sie kam den
Lichtern näher, konnte sie durch den Nebel soft leuchten sehen. Dann
knisterte es zwischen ihren Fingern. Das Metall aus dem die Schiene
bestand reagierte mit ihrem Körper. Kleine Blitze blitzten auf, wenn
sie ihre Hand vom Metall nahm und kitzelten etwas schmerzhaft. Alice
vergaß den Schmerz lieber, sie musste sich konzentrieren, unter ihr
war die Stadt immer noch etwa 2 Kilometer weit weg.
Eine
Verkehrsdrohne zischte nur einen Meter an ihr vorbei. Alice drückte
sich gegen die Wand aber es war zu spät. Heute war anscheinend nicht
ihr Tag. Die Drohne wurde langsamer, kam zum Stillstand und drehte
dann um. Irgendein Penner bei einem neugierigen Sender hatte sie
entdeckt!
Alice
ließ los.
Samstag, 20. Oktober 2012
dstiara IV
-->
Tiara
war dieses Mal alleine in der Ruine der Rattentiere. Die anderen Zwei
waren noch in der Schule. Sie lernten wie man in der Öde überlebt.
Tiara war nur einmal in diesem Unterricht aber sie kam mit dem Lehrer
nicht so gut zurecht. Er hatte die Afrikaner alle als böse
abgestempelt und sooft er konnte zog er über sie her. Er hatte ihnen
in ihrer ersten Stunde zu erklären versucht, wie man sie am besten
töten konnte.
Tiara
hatte noch nie einen Afrikaner kennen gelernt aber sie konnte sich
nicht vorstellen dass alle so böse waren, wie die Schwarzen, die die
Farmen angriffen. Man erzählte oft, dass sie so schwarz geworden
sind, weil sie grausam und nichts Gutes in sich trugen. Tiara konnte
sich aber nicht vorstellen das der menschliche Körper zu solchen
Veränderungen imstande war. Sie mussten sich mit Farbe bemalen oder
vielleicht war es ein Medikament mit dem sie sich ein kremten, genau
wie das Spray von Dr. Radon.
Hinter
ihr tapste etwas Klauenbesetztes über den schmutzigen Boden. Sie
drehte sich um. Ein Rattentier beäugte sie vom Eingang zu ihren
Treffpunkt. Sie machte einen Schritt hinter den Schreibtisch und
starrte das Tier an. Es bewegte sich nicht.
„Na
du?“, sagte Tiara unsicher.
Die
Ratte schoss mit wirbelnden Schwanz auf sie zu. Tiara riss die Augen
auf, sie sprang. Die Ratte versenkte ihre spitzen Zähne in ihrer
Jeans. Tiara landete auf dem Schreibtisch, das Rattentier löste sich
von ihr und landete mit einem Klatschen auf dem Boden und fauchte
wild. Tiara sprang auf der anderen Seite des Schreibtisches herunter
und rannte aus dem Raum hinaus in den Flur – direkt auf das weit
aufgerissene Maul eines zweiten Rattentieres. Dieses Vieh war doppelt
so groß. Tiara trat mit voller Wucht in ihre Richtung, im selben
Moment sprang das Tier – es sprang in Tiaras Tritt hinein und wurde
gegen die Wand geschleudert. Tiara rannte weiter bis zur Treppe. Mit
rasendem Herz sprang sie hinunter in die Eingangshalle des Gebäudes,
rutschte auf der letzten Treppe aus, taumelte und hörte noch mehr
Fauchen. Aus den Augenwinkeln bemerkte sie ein weiteres Vieh –
bereits im Sprung. Da sie ohnehin gerade ihr Gleichgewicht verlor,
ließ sie sich einfach fallen. Das Tier segelte über sie hinweg und
landete auf dem Boden – es wirbelte sofort herum und fauchte ihr
ins Gesicht. Tiara ballte die Hand reflexartig zu einer Faust und
Schlug mit ihr auf den Kopf der Bestie. Es knirschte, das Tier
schrie, es warf sich auf die Seite – Tiara sprang auf – der
Schwanz des verendenden Rattentieres erwischte sie im Gesicht. Sie
fiel wieder hin. Es war tot. Etwas schweres landete zischend auf
ihrem Rücken und sie spürte je 4 bis 5 Krallenpaare in ihre Haut
dringen. Sie schrie auf, rollte sich auf den Rücken, dass es der
Ratte die Luft aus den Lungen trieb und das nächste wollte ihr
bereits ins Gesicht springen. Mit einem Fuß erwischte sie es in der
Luft – es flog davon. Sie rappelte sich wieder auf, dass Vieh auf
ihrem Rücken ließ von ihr ab. Sie rannte wieder.
Sie
rannte durch das tote Gras und über Geröll eines eingestürzten
Schornsteins. Und erst als sie das Loch erreichte und bis zur Taille
im Wasser stand blieb sie stehen und drehte sich um. Keines von ihnen
war ihr gefolgt. Sie atmete schwer, ihre Wange tat weh und ihr lief
der Schweiß übers Gesicht. Sie holte tief Luft und atmete langsam
aus.
„Bravo,
Kid. Yeah, du wars echt gut.“
Tiara
zuckte zusammen. Am Ufer saß ein Schwarzer. Er hatte nur Jeans an
aber seine Rüstung und seine Schuhe, sowie seine Waffen lagen nicht
weit von ihm entfernt auf einem Haufen. Er lächelte. So helle Zähne
hatte Tiara noch nie gesehen.
„Du
kommst aus Dyson-City, yeah?“
Tiara
nickte.
„Ich
muss auch bald wieder Zuhause sein“, sagte sie mit zitteriger
Stimme. „Meine Mutter wartet schon auf mich, ich... muss ihr noch
bei etwas helfen.“
Der
Schwarze nickte. Er schüpfte mit seinen großen Händen etwas Wasser
aus dem Loch und wusch sich das Gesicht. Die schwarze Farbe ging
nicht ab – im Grunde war er gar nicht schwarz sondern eher braun.
„Was
machst du hier?“, fragte Tiara. Vielleicht war er noch nicht ganz
so grausam wie die ganz Schwarzen. Ein Auszubildender sozusagen.
„Ich
wash mich, hab mene Einheit im Sandsturm verloren“, sagte er, aber
allzu besorgt tat er dabei nicht.
Tiara
kam Schritt für Schritt aus dem Wasser raus.
„Wollt
ihr die Stadt angreifen?“, fragte sie. Sie ging langsam am Ufer
entlang auf ihn zu. Hinter ihm war der Zugang zum Loch. Sie würde
Notfalls über die Sandberge die das Loch umgaben fliehen müssen
aber dann würde er sie womöglich einholen.
„No!
Wir haben doch enen Nichtangriffs-Pakt was die City betrifft“,
sagte er, „und daran halten wir uns, auch wenn euer Leader nicht
mehr lebt – Ehrensache, verstehst du?“
Tiara
wusste ganz genau, dass sie einem Schwarzen nicht trauen durfte aber
es fiel ihr im Moment ziemlich schwer, da er sich so menschlich
verhielt, wie jeder andere Mensch auch den sie bisher kennen gelernt
hatte. Sicher, er trug schwere Waffen bei sich und eine
Soldatenrüstung und alles aber viele Menschen in Dusonstadt taten
das auch und im Moment kniete dieser Mann am Ufer des Lochs und
gedachte sich einfach nur zu waschen, wie es schien.
„Warum...
lässt du mich vorbei?“, fragte sie ihn. Eigentlich wollte sie
fragen, warum er sie nicht tötete aber sie wollte ihn lieber nicht
auf falsche Gedanken bringen.
„Geh
ruhig“, sagte er und lächelte sogar und wieder fand Tiara seine
weißen Zähne wundersam. „Du hast nichts, das ich brauche.“
Tiara
ging an ihm vorbei, beim Vorbeigehen betrachtete sie seine Haut
genauer. Keine Farbe. Seine Haut war braun.
Mittwoch, 17. Oktober 2012
Gedanken (13)
Wenn
ich Musik höre, höre ich vielleicht einen Wald in der Nacht. Aber
es ist kein Wald, wie der Wald in meiner Nähe, nein! Es ist ein Wald
auf einem anderen Planeten, in einem fremden Universum und weit weg,
so weit, wie es nur Gedanken, wie es nur das Gehirn, darzustellen
vermag und sonst nichts anderes, nicht einmal unsere kleinlichen
Sprachen die wir verwenden um alles im Kosmos zu erklären. Wir
verlieren uns in seinen Fragen die unendlich auf uns einregnen
könnten und wenn wir etwas zu wissen glauben, bietet es uns für
eine unserer kleinen Antworten unendlich viele weitere Fragen. Nein,
wir haben keine Chance aber es macht dennoch verdammt viel Spaß,
sonst würden wir immer noch Mammuts jagen.
Mal
was anderes, was mir gerade in den Sinn kommt. Es ist mal wieder
Nacht, versteht ihr? Wieso immer Nacht? Es ist die Zeit in der die
Menschen schlafen und dennoch tue ich das nicht. Es hat nichts mit
Müdigkeit zu tun. Es ist wohl eine gute Zeit um zu denken, dabei
sollte man schlafen. Ich bin erst müde wenn ich müde bin.
Mal
was anderes: Ich kenne jemanden. Es ist ein Mensch. Einer der alles
schaffen will und gleichzeitig nicht aushält was ihm seine Ziele
entgegenstellen. Ich darf nicht aufgeben, ich hasse es nicht aufgeben
zu können. Ich bin dagegen aber ich kann nicht damit aufhören. Ich
springe in die Tiefe obwohl mir klar ist, dass ich sterbe wenn ich
unten angekommen bin und ich will nicht sterben aber ich springe
bereits und ich finde es vollkommen in Ordnung obwohl ich es hasse.
Und
dann wollte ich eigentlich noch ein Rennen beschreiben. Eines
zwischen Felsen und ein Wasserfall kommt auch vor. Es ist unglaublich
aber wie könnte ich meine fantastischen Gedanken in ein System aus
Buchstaben zwängen? Nein, danke.
dsduson
Duson sprühte
seinen alten Körper mit Radex ein. Er stand nackt vor dem Spiegel in
seinem Badezimmer. Wann war er das letzte mal hier? Keine Ahnung.
Eine Zigarette qualmte. Er nahm sie vom Waschbeckenrand und zog
kräftig daran. Nichts war wichtiger. Er zog noch einmal daran. Und
dann pustete er den Rauch gegen das Spiegelglas. Seine Haut glänzte
und funkelte. Dieser Körper hatte einst hübsch aus gesehen in
seinen Augen. Er war ein schlanker junger Mann gewesen der Violine zu
spielen vermochte wenn seine Gedanken dies zuließen. Jetzt hatte er
Falten. Scheiße.
Er verließ
das Badezimmer. Auf dem Boden lag seine Jeans, sein Hemd und sein
Mantel. Er zog sich an – langsam und ordentlich, wie ein Ritual. Er
schlüpfte in seine Turnschuhe und band sie mit mechanischen
Bewegungen. Dann erhob er sich und atmete aus.
Wie war es
noch? Damals in der alten Welt, so früh vergessen, nichts gelernt,
vergessen, alles ist neu und die Gehirne sind leer. Die Menschen, die
Neuen, sie leben, als hätte es nie eine Vergangenheit gegeben und er
konnte nichts dagegen ausrichten, nichts gegen ihre neuen Gehirne,
nix!
„Ki, ich
bin in einer Woche zurück“, sagte er leise.
„Viel
Erfolg, Vater“, antwortete die künstliche Intelligenz.
Duson verließ
seine Lagerhalle und stampfte durch den Schnee über den davor
liegenden Parkplatz. Er blickte nicht mehr auf seine Stadt zurück.
Er hatte wichtigeres zu tun und obwohl seine Hände kalt waren zwang
er sich dazu die Schachtel Zigaretten aus seiner Manteltasche zu
holen und sich eine Zigarette daraus anzuzünden. Er rauchte nun
schon so lange, wieso sollte er damit aufhören? Immerhin, dachte er,
dieses haben die neuen Menschen nicht vergessen – Zigaretten waren
Drogen und schlecht für die Gesundheit. Sie waren verboten.
Duson
stampfte an seinem Erbauer vorbei. Würde er ihn jemals zum Leben
erwecken können? Die Sonne ging auf. Er berührte das Metall mit
seinen Fingern, es fühlte sich kalt an aber etwas im Inneren dieser
Maschine sagte ihm, dass er mit ihr auf dem richtigen Weg war. Durch
die Kälte drang eine unterbewusste Wärme zu ihm durch, die ihm
eindeutig zuflüstern wollte: „Ich werde da sein, wenn du nicht
mehr da bist.“
Er erinnerte
sich an die letzte Stadt in der er gewesen ist, bevor die alte Welt
unterging. Eine Stadt nah am Wasser, mit Gebäuden im Wasser, mit
Kanälen und einem großen Hafen. Mit einer Universität an der er
seine letzte Vorlesung gehalten hatte und er erinnerte sich an seinen
Retter, den Taxifahrer, der ihn aus der Stadt brachte, als es mit ihr
zu Ende ging.
Er
marschierte an einem Rattentier vorbei ohne es zu bemerken. Er
verließ die Stadt, an den Geschütztürmen vorbei und hinaus in die
Eiswüste, da, wo die Afrikaner waren. Sie hatten überlebt, weil sie
nichts zu tun hatten mit dem Ende der alten Welt. Im Grunde lebten
sie noch in ihr. Nicht wirklich, aber sie funktionierte noch für
sie. Er warf seine verrauchte Zigarette in den weißen Schnee. Jetzt
gab es wichtigeres und er vergaß den Rest in seiner Manteltasche.
Die Sonne tauchte auf, hinter Dunst und Schleier.
Donnerstag, 11. Oktober 2012
dsradon
Südlich der Dusonstadt
soll wieder eine Farm von Afrikanern angegriffen worden sein. Sie
kamen mit ihren großen Waffen, Panzerfahrzeugen und mit schweren
Rüstungen. Bei solcher Übermacht konnten selbst die Söldner die
zum Schutz der Farmen angeheuert wurden überhaupt nichts ausrichten.
Gleich nach den ersten Explosionen hatten sich alle von ihnen
ergeben. Die Farmer die überlebt haben wurden gefangen genommen. Was
mit ihnen passiert weiß niemand. Sie würden nie wieder gesehen
werden.
Bisher haben sie nur die
Farmen überfallen, sind aber auch schon mal sehr nah an die Stadt
vorgerückt. Angegriffen haben sie aber nicht. Vielleicht haben sie
die gewaltigen Geschütz-türme die um die Stadt aufgebaut waren
zurück schrecken lassen. Radon glaubte nicht daran. Die
afrikanischen Truppen hätten die Türme mit einigen Raketen
ausschalten können und die Stadt wäre ihre gewesen. Etwas anderes
musste sie vor dem Angriff abgehalten haben.
Tiara lag auf dem Boden
inmitten von Decken und schlief. Draußen tobte ein Schneesturm aber
hier drin prasselte ein Feuer und es war angenehm warm. Radon hatte
einen großen Zweig in eine Ecke der Hütte gestellt und ihn mit
bunten Bonbonpapier behangen. Wahrscheinlich war er der einzige
Mensch der sich noch an Weihnachten erinnerte. Die anderen haben es
entweder vergessen oder wollten damit nichts zu tun haben. Sie
lehnten jegliche Religion ab und alles was damit zu tun hatte. Dabei
hatte Weihnachten nicht viel mit Religion zu tun. Es ging um
Geschenke bekommen und Geschenke geben. Radon gähnte. In den letzten
Tagen schweiften seine Gedanken immer wieder ab und er vergaß zu
arbeiten. Vielleicht hatte Weihnachten doch etwas mehr mit Religion
zu tun, als er dachte aber was solls? Er nahm eine Spraydose und
sprühte den Inhalt in ein Glas. Das zischende Geräusch weckte Tiara
und sie fing an zu brabbeln.
„Fröhliche
Weihnachten“, sagte Radon. Er kniete sich neben sie hin und reichte
ihr seinen Zeigefinger den sie mit ihrer kleinen Hand umschloss und
sich im Raum umschaute. Für sie muss er riesig sein, dachte Radon.
Die Decke ist so weit oben, die Wände so weit weg.
„Duson hat gerade
gefunkt – er fragt, ob du zu ihm kommen könntest“, sagte eine
Frauenstimme. Radons Tochter stand in der Tür zur Küche. „Er
sagt, er braucht dein Spray.“
„Nicht doch“,
seufzte Radon. Er stand aber auf, nahm seine Jacke vom Stuhl am Tisch
auf dem seine ganze Arbeit in Reagenzgläsern stand und nahm ein
flaches Päckchen in die Hand. „Es ist doch Weihnachten. Ruht sich
der Alte denn niemals aus?“
Er legte das Päckchen
neben Tiara auf die Decken, kitzelte sie unterm Kinn, nickte seiner
Tochter zu und verließ die Hütte. Das Schneetreiben wirbelte in die
Hütte und Tiara fand es ganz toll.
Radon steckte die Hände
in die Taschen und stampfte durch den Kniehohen Schnee zur Lagerhalle
von Duson. Auf dem heruntergekommenen Parkplatz vor der Halle lag
eine traurige Erbauereinheit von Schnee bedeckt und so funktionslos
wie ein Stein. Radon stemmte sich mit seinem ganzen Gewicht gegen die
Eingangstüre und schob sie auf. Duson hatte sie noch immer nicht
gerichtet.
„Duson?!“
Es fing an zu surren und
ein Piepen hallte durch die Halle. Radon stand vor gewaltigen Regalen
aus Metall in denen eine Unmenge Schrott lag. Autoteile,
Computermonitore, Fäser mit Kabeln und so weiter. Der Boden war
übersäht mit Schrauben, Metallplatten, Batterien und Sachen die
Radon noch nie gesehen hatte.
„Dr. Duson ist in der
oberen Etage, Dr. Radon“, verkündete Ki, eine körperlose Stimme,
die Duson zur Frau hatte oder so. Radon grinste. Vorsichtig schritt
er durch den Raum zwischen den Regalen bis zu einer freien Fläche.
Hier hatte es sich Duson wohnlich eingerichtet. Dahinter führte eine
Treppe eine Etage höher.
„Duson?! Bist du dir
sicher, dass diese Treppe sicher ist?“
Das Geländer lag auf dem
Hallenboden und einige Stufen waren so rostig, dass es aussah, als
wucherte ein bronzen roter Pilz auf ihnen.
„Ich komme runter
Radon, warte einen Moment“, rief Duson aus dem dunklen Raum am Ende
der Treppe. Immer wieder flimmerte dort etwas auf und das Surren
schien auch von dort auszugehen.
„Ist gut“, sagte
Radon. Er ließ seinen Blick durch die Halle schweifen. Ein Geruch
von verbrannten Fernsehern stieg ihm in die Nase. „Wozu brauchst du
mein Spray?“
Mittwoch, 10. Oktober 2012
dstiara III
Die
Rattenruine war einst wohl ein großes öffentliches Gebäude
gewesen. Vielleicht eine Stadthalle oder so etwas. Im Erdgeschoss
betraten sie eine große Eingangshalle, zur Rechten und Linken
führten weite Flure tief ins Innere des Komplexes. Die Decke lag
heute jedoch auf dem Hallenboden, man konnte zwei Etagen hinauf
schauen. Einfache Schreibtische hingen halb über den Rand und
drohten bei der kleinsten Erschütterung in die Tiefe zu fallen.
Viele dieser Schreibtische lagen auf dem Hallenboden, zerschellt und
mit Moosen überwuchert. Sie hatten schon während früherer Besuch
alles aus den Schubladen ausgeräumt was nützlich sein könnte. Zum
größten Teil handelte es sich dabei um Papier, Bleistifte und
anderen Bürokram. Eine Treppe führte in die oberen Stockwerke. Es
gab auch einen Lift aber dieser funktionierte natürlich nicht mehr.
Früher hatten sie viele Tage damit zu gebracht ihn zu reparieren,
bis Cola in einem alten Buch gelesen hatte, dass sie ohne Strom keine
Chance hatten.
„Da
vorne ist eine“, zischte Ro. Er deutete mit einem Kopfnicken in
eine Ecke, wo sich ein Rattentier hinter einem großen Topf
verkrochen hatte in dem eine tote Pflanze schimmelte.
„Die
ist okay, denke ich“, flüsterte Cola.
Das
Tier beobachtete sie mit starrem Blick, machte jedoch keine Anstalten
auch nur eine Kralle zu krümmen. Sie durchquerten die Halle bis zur
Treppe und stiegen hinauf. Unter ihren Sohlen knarzte der Schutt und
hallte im Raum wieder. In der ersten Etage schauten sie hinunter. Das
Rattentier starrte jetzt zu ihnen hoch, hatte sich ansonsten aber
nicht bewegt. Der Flur, der früher zu den Bürotürmen Zugang bot,
lag nun unten in der Halle. So konnten sie diese Etage nicht
betreten. Nicht, dass sie es nicht schon einmal versucht hätten,
leider stürzte Cola bei diesem Versuch und verstauchte sich den Fuß
und seitdem wagten sie es nicht mehr. Ro hatte sich damals mit dem
Rücken an die Wand gedrückt und bewegte sich seitwärts an ihr
entlang, auf dem letzten Stückchen Flur, dass noch übrig war, es
war weniger Platz als auf einem Fenstersims. Er hatte Cola zugerufen
ihm zu folgen und ihn einen Feigling genannt bis Cola es ihm
nachmachte. Das ging schnell schief, Cola kam nicht einmal einen
Meter weit. Zu seinem Glück türmte sich der Schutt unten in der
Halle Meter hoch, so, dass er nicht allzu tief fiel.
„Ähm,
lasst uns weiter gehen“, sagte Ro verlegen.
Sie
stiegen weiter hinauf bis zur zweiten Etage in der der Flur noch
begehbar war. Die Türen zur Linken führten ins Nichts, ein Stück
weiter gab es nicht einmal Türen. Sie gingen in eines der Büroräume
zur Rechten. Sie hatten hier sauber gemacht und den Raum zu ihren
Treffpunkt umgestaltet. Früher konnten sie die Türe sogar
abschließen aber Tiara hatten den Schlüssel verloren. Immerhin
hatte Ro einen Schlüssel für den Schreibtisch und so verstauten sie
ihre Fundsachen, die sie auf ihren Erkundungstouren fanden, dort ein.
„Wer
will Cola?“, fragte Ro. Er nahm drei Flaschen aus der Schublade und
stellte sie auf die Tischplatte.
Samstag, 6. Oktober 2012
dstiara II
Eigentlich
war das baden in dem Loch untersagt, weil das Wasser stark radioaktiv
sein sollte. Beweisen konnte es bisher niemand. Tiara und die Jungen
hatten sich mal in die alte Zentralhütte geschlichen wo Ki stand, um
nach einem Geigerzähler zu suchen aber die Hütte war leer. Nur ein
alter Laptop stand auf einem Schuhkarton und ein gelbes Lämpchen
blinkte an ihm. Tiara hatte Ki gefragt, ob das Loch in Ordnung sei
und ob sie dort baden könnten. Ki hatte aber nicht geantwortet, doch
das gelbe Licht hatte kurz geflackert und das Laptop fing an zu
surren. Es hatte sich freudig angehört, für Tiara ein Zeichen, dass
das Loch okay war aber die Jungen waren sich da nicht so sicher. Auf
jedenfall stiegen sie trotzdem ins Wasser, es gab ja die roten
Pillen. Natürlich tauchten sie nicht ganz ab und schwammen auch
nicht (konnten sie sowieso nicht) aber sie wateten am Ufer entlang
bis zu einer alten Ruine aus der alten Welt. Dort gab es Rattentiere,
merkwürdigerweise schienen diese nicht ganz so aggressiv zu sein.
„Das
ist doch Quatsch“, sagte Ro, „das hast du doch aus diesem Comic.
Das heißt nicht, dass es die Inuit wirklich gab.“
„Es
ist ein sehr schlaues Comic“, sagte Tiara. Sie hatte ihnen erzählt,
dass das Stadthaus wie ein Iglu aussah, genau wie die Häuser der
Inuit die weit im Norden gelebt haben sollen.
„Es
ist aber nur ein Comic, nur eine erfundene Geschichte, Mädchen“,
sagte Ro. Er grinste und schüttelte den Kopf.
„Ich
denke auch nicht, dass es diese Inuit gab“, warf Cola ein. „Die
alte Welt war technisch hoch entwickelt und diese Inuit sollen zu
dieser Zeit in Schneehäusern gelebt haben und Fische mit einer
Angelrute gefangen haben? Ne.“
Tiara
zuckte mit den Schultern. An dem was die beiden sagten war was dran
aber es war viel schöner sich vorzustellen, dass es so ein Volk mal
einst gegeben haben könnte. Doch wenn sie jetzt darüber nachdachte
schien es auch ihr nicht sehr wahrscheinlich. Die alte Welt war sehr
hoch entwickelt gewesen, man sah es selbst heute noch, hundert Jahre
nach dem Aus, überall lagen die Sachen von damals herum. Es gab
keinen Flecken Erde an dem man keinen technischen Kram finden konnte.
Und auch die Wanderer hatten nie etwas entdeckt, dass auf das Volk
der Inuit hingedeutet hätte, obgleich sie so weit im Norden gewesen
waren, dass es nicht mehr weiter ging. Sie erzählten von unendlich
weiten Sümpfen die irgendwann in einem noch unendlicherem Meer
endeten.
Ro
hatte seine Schuhe ausgezogen und krempelte sich die Hosenbeine hoch.
Cola stand schon knietief in dem milchigem Wasser. Heute brannte die
Sonne herab und backte den staubigen Sand unter ihren Schuhsohlen.
Der Himmel leuchtete hellblau, nur vereinzelte Schmutzwolken zogen
vorbei, dass Thermometer hatte 23 Grad angezeigt.
„Gehen
wir zu der Rattenruine?“, fragte Cola.
dstiara
Die
Dusonstadt wurde vor vielen Jahren nach ihrem Gründer Dr. Duson
benannt. Damals stand nur eine heruntergekommene Lagerhalle inmitten
von Schutt aus der alten Zeit. Heute haben sich hunderte Blechhütten
und Holzhäuser dazu gesellt. Ein großes Gebäude aus Lehm stand im
Zentrum der kleinen Stadt und die Bewohner waren dabei das rundliche
Gebäude weiß anzumalen. Es würde wie ein Iglu aussehen, überlegte
Tiara. Sie hatte in einem alten Buch von einem Volk gelesen. Diese
Menschen lebten weit im Norden wo immer Schnee lag und Schnee war
auch alles was es dort gab und so bauten sie auch ihre Häuser aus
Schnee. Zugegeben, das Iglu in Dusonstadt hatte große Fenster und
Rohre verliefen von der Kuppelspitze herunter und unter die Erde,
trotzdem, vom Weiten sah es wie ein Iglu aus. Ein ziemlich gewaltiger
Iglu mit mehreren Etagen war es und der Bau hatte fast ein Jahr
gedauert aber Ki meinte, es wurde Zeit für ein Stadthaus. Die
Einwohnerzahlen verdoppelten sich fast alle 2 Jahre und eine so große
Stadt müsse verwaltet werden. Viele der Bewohner hatten bei dem
Gedanken ein solches Gebäude bauen zu müssen nur ungläubig mit dem
Kopf geschüttelt. Niemand war bereit dazu und vor allem wusste
niemand wie. Jedoch, ohnehin war Ki nicht auf die Arbeitskraft der
Bewohner angewiesen. Es befehligte seinen eigenen Baumeister, die
Erbauereinheit 1, ein Bauroboter den Dr. Duson kurz vor seinem Tod
fertig erstellt hatte. Und so machte sich dieser Roboter, von allen
Erbauer Eins genannt, an die Arbeit. Das war vor einem Jahr.
Tiara
schaute Erbauer Eins dabei zu, wie er den Stadtwall neu aufschüttete.
Er diente dazu wilde Tiere von der Stadt fern zu halten. Oft
schafften es einige Rattentiere dennoch hinein und niemand konnte
sich erklären wie. Tiara hatte zwar keine Angst vor diesen
Nagetieren, doch an eine angenehme Begegnung mit ihnen konnte sie
sich nicht erinnern. Abgesehen davon übertrugen ihre Bisse
Krankheiten die man schwer wieder los wurde. Früher waren sie viel
kleiner und sehr scheu, sie huschten davon sobald ein Mensch
auftauchte aber vielleicht stimmte das auch gar nicht. Einer der
Wanderer hatte es einmal erzählt, doch man konnte denen nicht alles
glauben. Sie kamen oft mit haarsträubenden Geschichten zurück und
führten sich dann auf wie Helden weil sie ein kaputtes Radio
mitgebracht haben oder eine unbenutzte Zahnbürste. Nur eines war
sicher, die Rattentiere die heute das Ödland durchstreiften oder in
dunklen Löchern lauerten, konnten bis zu einen Meter lang werden und
waren manchmal sehr aggressiv. Die Strahlung musste ihre Hirne
durchleuchtet haben.
Erbauer
Eins verschwand hinter dem Wall. Oft frage sich Tiara wie Duson es
damals geschafft hatte einen solchen Roboter zu bauen. Damals bestand
die Dusonstadt aus nur einigen Hütten und die Menschen fraßen was
sie fangen konnten. Für sich erklärte sie es sich so, dass er den
Roboter gefunden haben muss und ihn dann höchstens umprogrammiert
hatte aber viele der älteren Leute behaupteten felsenfest, dass
Duson seinen Roboter in einer Fabrik selbst zusammen gebastelt hatte.
Diese Fabrik wurde dann einfach auseinander genommen, um mehr
Wohnhütten bauen zu können. Was für ein Schwachsinn!
Die
Schule war vorbei, sie hatten endlich Sommerferien. Leider lag immer
noch überall Schnee und immer wieder setzte Frost an. Dunkle Wolken
zogen ohne Ende nach Osten. Und am Abend fing es auch noch an zu
regnen. Tiaras Mutter stellte das Essen auf den Tisch und ein
Schnapsgläschen in dem eine rote Pille lag. Tiara nahm das kleine
Glas in ihre Hand. Die rote Pille schimmerte im Licht der Tischkerze.
Auch diese Pille war eine Hinterlassenschaft eines großen Mannes. Er
starb schon viel früher als Duson doch in Tiaras Augen hatte er sehr
viel mehr geleistet als er. Diese Pille bewirkte, dass der Körper
das radioaktive Zeug, dass sich mit der Zeit im Körper festsetzte,
löste und auf natürlichem Wege ausspülte. Früher gab es auch noch
ein Spray mit dem man sich ganz ein sprühen musste um vor der
Strahlung ein wenig geschützt zu sein. Dieses wurde vom gleichen
Mann entwickelt, wurde jedoch nicht oft verwendet da es sehr
zeitaufwendig sein kann sich von oben bis unten damit ein zu sprühen.
Dieser Mann hieß Radon und Tiara war mit ihm verwandt.
Montag, 1. Oktober 2012
Unendliche Weiten (2)
Wir erreichten die nicht völlige Schwärze
trieben durch einen Hauch von Gaswolke
sie erstreckte sich einige Milliarden Kilometer
in jede Richtung
Und vor uns ein Feld aus mehreren Supernovae
...
Sonntag, 16. September 2012
Sonntag, 9. September 2012
Unendliche Weiten (1)
Hier passieren wir den Rest eines Blauen Riesen
in einer Entfernung von ungefähr 10 Millionen
Lichtjahren ...
Freitag, 7. September 2012
Donnerstag, 6. September 2012
HyperFutureVision (1)
Eigentlich hätte der
Kaffee schon fertig sein müssen. Er musste sich beeilen, irgendwie
wurde ihm bereits etwas schwindelig. Er warf sich einen halben
Zahntab ein und nahm einen Schluck Wasser und hielt den Mund
geschlossen, während sich der Tab auflöste und in seinem Mund zu
schäumen begann. Aus Gewohnheit griff er nach seinem Rasierapparat,
da fiel ihm ein, dass er sich nicht mehr zu rasieren brauchte. Mit
der Hand strich er über seine glatte Wange und lächelte. Er
schluckte den Schaum im Mund hinunter, legte seinen Finger auf den
Blutzucker-Tester und wartete das Ergebnis ab. 214 mg/dl, etwas hoch
für seinen Fall – er musste endlich seinen Kaffee haben.
Im kleinen Wohnzimmer mit
Wandküche dampfte bereits eine fertige Tasse. Er nippte vorsichtig
an ihr, dann machte er die Kühlschranktür weit auf.
„Es fehlen:
Gouda von Biofarm, Biofit-Produkt,
Gouda von Biofarm, Biofit-Produkt,
Salami von Genzer,
Biofit-Produkt,
Senf von K und K.
Möchten sie die Produkte
bestellen?“
„Ich gehe heute selbst
einkaufen“, murmelte er.
Seine Tasse stellte er
auf den Tisch vor dem Sofa und setzte sich. Der Fernseher ging an.
„TiVi, Kanal Phönix“,
sagte er.
In den Nachrichten kam
nichts Neues, immer wieder die selben Bilder. Staubige Gebäude
dienten als Kulisse für ein körniges Video und Soldaten die man
kaum erkennen konnte. Beliebt waren auch Nachtaufnahmen einer
bombardierten Stadt. Man sah nur viele kleine Lichter und
zwischendurch leuchtete etwas helleres kurz auf.
„Sie haben Post“,
kündete TiVi an.
Er nahm einen weiteren
Schluck von seinem Kaffee. Langsam kam er zu Kräften und seine
Lebensgeister erwachten. Der Tag konnte also beginnen.
„Tivi, Lese Post
Betreff“, sagte er.
„Im Posteingang liegen
drei ungelesene Mails:
Mail von gestern 17 Uhr 33, Betreff: Hi,
Mail von gestern 17 Uhr 33, Betreff: Hi,
Mail von gestern
18 Uhr 45, Betreff: Unisoft,
Mail von gestern
23 Uhr 12, Betreff: Dienst.“
Er seufzte. Nichts
wichtiges also.
„Tivi, Lese Mail mit
Betreff Dienst“, sagte er.
„Mail von gestern 23
Uhr 12 mit Betreff Dienst:
Hallo Lukka,
hier sind deine Dienste
für nach dem Urlaub.
Schönen Urlaub noch –
Kiara.
Mail enthält einen
Anhang im t x t Format.“
„Tivi, sende Anhang
nach Lukka2801“, sagte er.
„Anhang von Mail mit
Betreff ….“
„Tivi, tschau“,
unterbrach er.
„Bis später“,
verabschiedete sich Tivi und ging aus.
Er stand auf, um sich
eine Jacke umzuwerfen, setzte sich auf dem Boden hin und streifte die
neuen Turnschuhe über. Er hielt inne. In weiter Ferne irgendwo
donnerte es gewaltig. Er stand auf und ging zum Fenster, die
Rollladen rollten hoch. Die aufgehende Sonne biss ihm in die Augen.
Die Stadt breitete sich vor ihm aus, wie ein unendlicher Haufen
Betonkacke in dem es sich ekelhaft regte, kräuchte und fläuchte.
„Ich gehe jetzt
einkaufen“, ermahnte er sich.
Er nahm die Hausschlüssel
von der Mikrowelle und steckte sie in seine Jackentasche. Und bevor
er die Tür öffnete nahm er noch einmal tief Luft. Jetzt stand er
schon mal in dem langen, gebogenem Flur – hinter ihm ging die
Haustüre ins Schloss. Er machte sich auf dem Weg zu den Liften. Zu
seiner Linken bestand die Wand aus einem gewölbten Glas das vom
Boden bis zur Decke reichte. Manchmal fühlte man sich, wie in dem
langen Bauch einer gläsernen Anakonda. Er konnte auf den Südteil
des Beton- und Glasfeldes unter sich blicken. Es gab kein Ende.
Ein Flugzeug nahm
Landeanflug auf den Flughafen Gates und gäbe es ein Fenster das er
hätte öffnen können, so hätte er auf die Maschine runter spucken
können. Er kam an den Liften an und musste warten. Hier endeten
seine Reisen vorwiegend, denn während er wartete überlegte er es
sich oft anders und kehrte um. Oder er trieb ihn zu den
Aussichtsplattformen. Dort verbrachte er manchmal seine Tage, wenn
nicht allzu viel los war. Am liebsten saß er an See One, die anderen
wurden zumeist von Familien mit Kleinkindern beansprucht, weil man in
ihnen baden konnte und sie nicht allzu tief waren.
Er stieg in einen leeren
Lift ein und setzte sich auf einen Sitz direkt neben dem Glas mit dem
Bedienfeld. Er berührte das Glas an der Stelle wo „Ausgang“ in
mehreren Sprachen flimmerte und der Lift setzte sich in Bewegung. Das
Bedienfeld zeigte auch die momentane Höhe des Liftes an – 1876 m –
und er vertrieb sich jedes Mal die Zeit damit zu beobachten wie die
Zahl immer kleiner wurde während der Lift in die Tiefe stürzte. Es
dauerte oft bis zu einer halben Stunde, bevor man unten ankam und die
Arkologie verlassen konnte.
„Goliath –
Geschäftszentrum“, verkündete der Lift mit einer freundlichen
aber sehr künstlichen Stimme. Dann ging es weiter.
„Goliath –
Freizeitpark und Geosphären.“
Und weiter ging es. Eine
alte Frau stieg beim nächsten Halt hinzu.
„Goliath –
Medizinisches Zentrum.“
Der Lift raste dem Boden
entgegen. Die alte Frau legte ihre knochige Hand auf ihre Brust und
atmete einige Male durch. Sie bemerkte, dass er sie besorgt ansah und
schenkte ihm ein beruhigendes Lächeln. Er lächelte zurück.
„Goliath – Bahnhof –
der Lift endet hier.“
Er folgte der alten Dame
aus dem Kasten in eine gigantische Halle, in der mehrere Kathedralen
Platz gefunden hätten. Hier trieben Menschenmassen in gewaltigen
Strömen entweder in die eine Richtung oder in die andere. Eine
Magnetbahn hielt an einem Gleis in der Nähe. Er blickte zurück. Der
Lift war schon weg.
„Okay, ich kaufe nur
einige Sachen ein … mal sehen was.“
Zu seiner rechten sprach
ihn das Bild einer hübschen Frau an.
„Hey, Lukka2801! Was
machst du heute?“
Es war eine überdimensionale Werbetafel, die offensichtlich für
irgendein Nachtclub warb, denn die Frau hielt eine eiskalte Flasche
mit Zitronenbier oder so etwas in der Art in ihrer Hand und hinter
ihr tanzten bunte Menschen mit ausgefallenen Accessoire
(nebensächliche Zubehörteile).
„Treffen wir uns im
Bakku-Club? Bring deine Freunde mit!“
Sie wandte sich lässig
von ihm ab und begann zu tanzen, dann zersprang das Bild in tausend
Teile und regnete auf ihn herab. Und schon war es vorbei. Als
nächstes tauchte ein seriöser Mann auf dem Bild auf. Hinter ihm
prangte das übergroße Banner von Phönix, seinem Lieblingssender.
„Guten Tag, Lukka2801,
schauen sie doch gleich mal nach unseren neuesten Beiträgen die wir
für sie zusammen gestellt haben – wir freuen uns auf ihre
Kommentare.“
Er ging weiter. Wieder
musste er in einen Lift, dieses Mal dicht gedrängt inmitten von
Anzügen, schnatternden und übertrieben gut-riechenden Mädchen und
anderen merkwürdigen Gestalten. Es ging aufwärts, zur Zugangsbrücke
zu den Gleisen. Weit über sich bemerkte er noch mehr Werbetafeln,
die von der Decke hingen und tolle Sachen anpriesen.
„Der ist süß“,
sagte eines der Mädchen im Flüsterton jedoch so laut, dass es auch
ja jeder im Lift mitbekam. Er schaute hinunter auf drei Magnetbahnen,
die wie weiße Schlangen, tot und in Rillen gequetscht darauf
warteten mit Maden jeder Hautfarbe gefüllt zu werden. Dann erwachte
eine von ihnen zum Leben und bewegte sich langsam aus der Halle ins
Sonnenlicht. Der Lift hielt.
Er hörte, wie eines der
Mädchen ihm einen lauten Knutschlaut nach warf, bevor er die
Rolltreppe zu Gleis 36 nahm. Am unteren Ende wurde er von
Jugendlichen mit lauter Musik, die aus einem Kommunikator
in der Hand eines Irokesen stammt, empfangen. Sie wippten leicht mit
ihren Köpfen zum Takt der Musik, der schwer zu ermitteln war, da die
Musik anscheinend aus einigen hundert Tracks bestand.
Als
er an ihnen vorbei ging sahen sie ihn an, als wollten sie ihn zu
irgendetwas herausfordern aber er wusste, sie wollten gar nichts.
„Yo“,
sagte ein Mädchen mit Glatze, als sich ihre Blicke trafen. Er nickte
ihr nur zu. Erst als er vorbei war drang ihr Bild so richtig zu ihm
durch. Ihr hatte ein Ohr gefehlt – das Linke. Sie hatte sich einen
dicken Pfeil auf ihre Kopfhaut tätowiert und dieser Pfeil zeigte auf
die Stelle an der sie einst Mal ein Ohr gehabt hatte.
„Hm“,
machte er. Das musste einer dieser Menschen gewesen sein, die nichts
von Prothesen und Human-Erweiterungen hielt. Viele von ihnen trugen
ihre Behinderungen offen zur Schau aber eigentlich konnte er sich
auch nur irren. Seine Bahn hielt neben ihm, so leise und jeh wie ein
Luftzug. Er stieg ein.
da schreibe ich noch mehr :)
Mittwoch, 5. September 2012
Dienstag, 4. September 2012
Sonntag, 2. September 2012
Sonntag, 26. August 2012
Der Wald der Abenteuer
Der
Ausflug mit Zelt v. 0.01 ;p
Es
war Morgen. Peter packte seinen Rucksack denn heute sollte er mit
seiner Klasse im Wald zelten. Fünf Tage blieben sie da. Peter freute
sich, denn sie sollten in Zelten schlafen und er stand auf alles was
mit Grusel zu tun hatte. Gerade hatte er seine Bücher rein getan und
eine Pistole, die natürlich nicht echt war.
„Bist
du schon fertig?“, fragte ihn seine Mutter.
„Ja,
gleich.“
Er
war so aufgeregt, dass er gar nichts mehr vom Frühstück aß. Danach
half ihm seine Mutter den Rucksack zum Bus zu tragen. Dann saß Peter
im Bus und sie fuhren los.
Der
Ausflug mit Zelt v. 0.heute
Pascal
warf den Kofferdeckel auf und begann zu packen. Morgen in der Frühe
ging es zusammen mit der ganzen Klasse für 5 Tage in den Wald. Er
freute sich darauf, würde es jedoch morgen im Bus vor keinem seiner
Klassenkameraden zugeben. Die meisten von ihnen waren von dem
Gedanken eine knappe Woche lang mitten im Wald in einem Zelt schlafen
zu müssen nicht sehr angetan. Da aber das Hotel am Meer nicht genug
Platz für sie alle gehabt hatte und die Zeit knapp geworden war,
hatten sie keine Wahl, als das zu nehmen, was sie bekommen konnten
und das war eben der Wald mit Zelt und Wasserkocher.
„Bist
du fertig?“
Seine
Mutter kam mit einem Stapel frischer Unterwäsche ins Zimmer.
„Ja.“
Pascal
lag lange wach, nachdem seine Mutter den Koffer ein zweites Mal
gepackt hatte und dachte sich Geschichten aus in denen er seine
Klasse, die sich im tiefsten Wald verirrt hatte, zurück in die
Zivilisation geleitete. Oder wie er zusammen mit seinen beiden
Freunden eine Hölle erkundeten und auf Wandmalereien aus der
Steinzeit stießen. Irgendwann gingen ihm die Ideen aus und noch
immer lag er hellwach im Bett und starrte die Decke an. Immer das
gleiche, dachte er. Muss man am nächsten Tag früh aufstehen, kann
man sich fast sicher sein, dass man Abends nicht einschlafen kann.
Pascal
hielt den Atem an und ließ es ganz still um sich herum werden. Er
schloss seine Augen und obwohl sie vor Müdigkeit brannten fühlte er
sich einfach zu aufgedreht um ein zu schlafen. Entnervt riss er die
Augen auf und -
Erschrocken
schnappte er nach Luft. Für einen kurzen Augenblick tauchte ein Mann
über ihm an seiner Zimmerdecke schwebend auf und verschwand dann
auch sogleich wieder. Er hatte einen langen, spitz-zulaufenden und
hellgrauen Bart gehabt, dunkle Augen und gekleidet war er in eine
Robe aus einem leichten Stoff.
Pascals
Herz hämmerte schnell gegen seinen Brustkorb. Er atmete einige Male
tief ein, um wieder zur Ruhe zu kommen. Ihm hatte sein müdes Gehirn
einen Streich gespielt. Oder kam es von den leuchtenden Reklametafeln
vor seinem Fenster?
Er
setzte sich auf die Bettkante und wollte zum Fenster gehen, da spürte
er die Müdigkeit mit aller Macht in jeden Teil seines Körpers
kriechen und der Schlaf drückte ihn zurück in seine Kissen.
Erst
sein Radiowecker ließ ihn aufschrecken und taumelnd aus dem Bett
eilen, um die viel zu laute Musik wieder ab zu schalten. Er aß kaum
etwas, in seinem Kopf fühlte er sich ziemlich matschig, danach
schleppte er auch schon den Koffer durch die kühlen Straßen bis zur
Schule, verabschiedete sich von seiner Mutter, begrüßte seine
beiden Freunde Oliver und Karo, ließ sich in einen leeren Sitz im
Bus fallen und döste ein sobald der Bus auf der Autobahn war.
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