Mittwoch, 17. Oktober 2012

dsduson


Duson sprühte seinen alten Körper mit Radex ein. Er stand nackt vor dem Spiegel in seinem Badezimmer. Wann war er das letzte mal hier? Keine Ahnung. Eine Zigarette qualmte. Er nahm sie vom Waschbeckenrand und zog kräftig daran. Nichts war wichtiger. Er zog noch einmal daran. Und dann pustete er den Rauch gegen das Spiegelglas. Seine Haut glänzte und funkelte. Dieser Körper hatte einst hübsch aus gesehen in seinen Augen. Er war ein schlanker junger Mann gewesen der Violine zu spielen vermochte wenn seine Gedanken dies zuließen. Jetzt hatte er Falten. Scheiße.
Er verließ das Badezimmer. Auf dem Boden lag seine Jeans, sein Hemd und sein Mantel. Er zog sich an – langsam und ordentlich, wie ein Ritual. Er schlüpfte in seine Turnschuhe und band sie mit mechanischen Bewegungen. Dann erhob er sich und atmete aus.
Wie war es noch? Damals in der alten Welt, so früh vergessen, nichts gelernt, vergessen, alles ist neu und die Gehirne sind leer. Die Menschen, die Neuen, sie leben, als hätte es nie eine Vergangenheit gegeben und er konnte nichts dagegen ausrichten, nichts gegen ihre neuen Gehirne, nix!
Ki, ich bin in einer Woche zurück“, sagte er leise.
Viel Erfolg, Vater“, antwortete die künstliche Intelligenz.
Duson verließ seine Lagerhalle und stampfte durch den Schnee über den davor liegenden Parkplatz. Er blickte nicht mehr auf seine Stadt zurück. Er hatte wichtigeres zu tun und obwohl seine Hände kalt waren zwang er sich dazu die Schachtel Zigaretten aus seiner Manteltasche zu holen und sich eine Zigarette daraus anzuzünden. Er rauchte nun schon so lange, wieso sollte er damit aufhören? Immerhin, dachte er, dieses haben die neuen Menschen nicht vergessen – Zigaretten waren Drogen und schlecht für die Gesundheit. Sie waren verboten.
Duson stampfte an seinem Erbauer vorbei. Würde er ihn jemals zum Leben erwecken können? Die Sonne ging auf. Er berührte das Metall mit seinen Fingern, es fühlte sich kalt an aber etwas im Inneren dieser Maschine sagte ihm, dass er mit ihr auf dem richtigen Weg war. Durch die Kälte drang eine unterbewusste Wärme zu ihm durch, die ihm eindeutig zuflüstern wollte: „Ich werde da sein, wenn du nicht mehr da bist.“
Er erinnerte sich an die letzte Stadt in der er gewesen ist, bevor die alte Welt unterging. Eine Stadt nah am Wasser, mit Gebäuden im Wasser, mit Kanälen und einem großen Hafen. Mit einer Universität an der er seine letzte Vorlesung gehalten hatte und er erinnerte sich an seinen Retter, den Taxifahrer, der ihn aus der Stadt brachte, als es mit ihr zu Ende ging.
Er marschierte an einem Rattentier vorbei ohne es zu bemerken. Er verließ die Stadt, an den Geschütztürmen vorbei und hinaus in die Eiswüste, da, wo die Afrikaner waren. Sie hatten überlebt, weil sie nichts zu tun hatten mit dem Ende der alten Welt. Im Grunde lebten sie noch in ihr. Nicht wirklich, aber sie funktionierte noch für sie. Er warf seine verrauchte Zigarette in den weißen Schnee. Jetzt gab es wichtigeres und er vergaß den Rest in seiner Manteltasche. Die Sonne tauchte auf, hinter Dunst und Schleier.