Die
Outlands lagen außerhalb der Dusonstadt. Sie bestanden zu 95 Prozent
aus Feldern. Diese Felder waren um die Stadt herum angelegt und
reichten bis zum Gebirge im Süden, 800 Kilometer von der Dusonstadt
entfernt. Sie versorgten die 68 Millionen-Stadt mit Nahrung, Strom
und Wasser. Nur einige Hunderttausend Menschen lebten auf dieser
gewaltigen Fläche.
Es
gab nur wenige Bauern, die sich zu Siedlungen zusammenschlossen. Eine
dieser Siedlungen lag knapp 100 Kilometer von den Stadtgrenzen
entfernt an der alten Grenze zu den Niederlanden. Hier lebte Sabodek
zusammen mit seiner Mutter, den Großeltern und einem Farmer auf
einem Hof in der Nähe eines großen Frachthofes.
Colina
und Sabodek standen an den Schienen. Gerade wurde ein Güterzug
beladen. Sie beobachteten die Arbeiter auf den Wagons und in den
Hallen oder an den Silos. Sabodeks Mutter kletterte in die
Trägermachine und steuerte sie in eine der Hallen. Die breiten Füße
der Maschine stampften auf dem trockenen Boden und wirbelten Staub
auf. Sabodek fand, dass die Träger wie Hühner aus Metall aussahen.
„Bringst du mich zur Probe?“, fragte Colina.
„Ja“, sagte Sabodek, „ich hole mein Fahrrad.“
„Ja“, sagte Colina, „ich hole meine Geige.“
Zehn
Minuten später holte Sabodek seine Freundin beim Nachbar-Hof ab. Sie
setzte sich hinten drauf und Sabodek fuhr los, der Straße entlang.
Colina
probte in der Siedlungs-Halle. Der Ratsherr grüßte die beiden
Kinder. Er hatte eine Mistgabel in der Hand und eilte aus der Halle.
Die Mistgabel warf er auf den Rücksitz seines Landfahrzeugs, stieg
vorne ein und fuhr los.
„Wo
will er hin?“, fragte Colnina.
„Wollte er nicht bei der Probe dabei sein?“, fragte Sabodek.
Colina
nickte. Beide sahen dem Landfahrzeug nach, wie es sich auf der langen
Straße entfernte.
„Ich fahre zum Strand“, sagte Sabodek.
„Ja“, sagte Colina.
Sabodek
fuhr davon.
Sabodek
fuhr an den Ruinen aus der alten Zeit vorbei. Sie standen weit weg in
einem großen Maisfeld auf dem eine Erntemaschine fuhr. Über dem
Feld flog ein Conolonibus auf der Stelle. Seine Rotoren machten
soviel Wind, dass die Maisstauden umgebogen wurden, einige flogen
durch die Luft. Ein Wagen der OPD fuhr an ihm vorbei.
„Was ist den hier los?“, fragte sich Sabodek.
Der
Conolonibus bewegte sich nun auf die Ruinen zu und blieb über ihnen
schweben. Ein Seil kam herunter. Sabodek konnte nicht genau erkennen,
ob jemand in den Ruinen war, weil die Maisstauden zu hoch gewachsen
waren.
„Mist“, sagte er.
Das
Seil wurde wieder hochgezogen. Am Ende des Seils hing etwas aber es
war kein Mensch, obwohl Sabodek Arme zu erkennen glaubte und auch ein
Bein war dabei. Es war ein großer Klumpen, vielleicht so groß wie
ein Rind. Sabodek strich sich durch sein schiefes Gesicht.
„Was ist das?“
Wieder
kam ein Wagen der OPD vorbei. Da musste etwas schlimmes geschähen
sein.
Sabodek
kam beim Hof an. Seine Mutter schimpfte im vorraus, dabei hatte er
heute noch nichts blödes angestellt.
„Komm, ich habe dir Maiskolben mit Salz gemacht“, sagte sie, als
sie fertig mit Schimpfen war. Sie drückte ihm einen
Schokoladen-Riegel in die Hand.
Dann
kam die Kolone der OPD am Hof vorbei. Die zwei Fahrzeuge, die Sabodek
vorhin an sich vorbei fahren sah und ein Frachter der etwas geladen
hatte, dass mit einer Plane abgedeckt war. Sabodek war sofort klar,
dass es das sein musste, was vorhin am Seil des Conolonobus gehangen
hatte.
„Ich esse später“, rief er, nahm sein Fahrrad und raste der
Kolone hinterher.
„Dann musst du es kalt essen, du Blödmann“, schrie ihm seine
Mutter nach“, Trottel, du isst es kalt, ich sage es dir!“
Die
Kolone hielt auf der anderen Seite der Siedlung auf einer Ranch an.
Gerade kam eine Rinderherde zurück von den Wiesen. Die Polizisten
mussten warten, bis alle Tiere vorbei gelaufen waren bevor sie auf
den Hof der Ranch fahren konnten.
Sabodek
stellte sich an einer Häuserwand hinter einem Strauch und
beobachtete den Tierarzt der Siedlung, wie er auf den Frachter stieg
und unter die Plane schaute. Er sprang zurück, beugte sich über den
Rand des Frachters und würgte aber ea kam nichts raus.
„Tut mir Leid“, sagte einer der OPD-Leute. Es war ein Mann mit
grauen Haaren und Halbglatze, mit einem Schnautzbart. „Der Anblick
muss gräslich sein, nicht wahr?“
„Nein“, sagte der Tierarzt. „Es ist nur – ich vertrage den
Geruch nicht.“
Der
OPD-Mann mit Halbglatze hob die Augenbrauen.
„Ich habe gar nichts gerochen.“
Der
Tierarzt schüttelte den Kopf. Er schaute wieder unter die Plane und
würgte wieder. Dieses Mal kletterte er aber ganz unter die Plane und
man hörte ihn darunter dumpf würgen und husten.
„Was sagen sie dazu?“, fragte der OPD-Mann mit Halbglatze.
Unter
der Plane kam ein lautes Würgen zurück. Die OPD-Leute sahen sich
unter einander mit ekelerfüllten Mienen an.
„Brechen sie am besten daneben“, rief der OPD-Mann mit
Halbglatze, „nicht auf die Leichenteile... wenns geht!“
Der
Tierarzt kam zurück.
„Nun“, sagte er, „soweit ich das beurteilen kann, sind es drei,
vielleicht vier Leichen.“
Der
OPD-Mann mit Halbglatze nickte. Er kratze sich an der Nase und dann
am Ohr und dann am Kinn und nickte noch einmal.
„Keine Köpfe“, sagte der Tierarzt.
Der
OPD-Mann mit Halbglatze sah auf. Er kratzte sich am Ohr und am Kinn.
„Keine Köpfe?“
Der
Tierarzt schüttelte den Kopf.
„Keine Köpfe.“
Der
OPD-Mann mit Glatze nickte zweimal hintereinander – kratze sich an
der Nase. Er sah die anderen OPD-Männer an, nickte ihnen zu und sah
sich dann auf dem Hof um.
„Wir müssen die Köpfe finden“, sagte er dann.
Jetzt
nickten die anderen OPD-Leute.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen