Mittwoch, 26. Mai 2010

Unreal (1)

Egid zuckte zusammen und stolperte seitwärts ins hohe Gras, als ein Lastwagen dicht an ihm vorbei raste. Er hatte ihn nicht kommen gehört, weil in seinen Ohren Musik war. Abgesehen davon goß es vom Himmel sintflutartig. Er fiel nicht hin stand aber nun bis zu den Knöcheln im trüben Wasser einer Pfütze die sich am Straßenrand gebildet hatte. Er blieb eine Weile einfach dort stehen, um sich von dem Schreck zu erholen bevor er weiter ging - durch das hohe Gras, der Asphalt war ihm noch nicht wieder geheuer.
Hinter dem nächsten Hügel war der kleine Ort indem er zusammen mit seinem Vater lebte. Er erkannte gerade mal den Kirchturm und der Aufstieg kam ihm schwerer vor als sonst. Bis auf die Haut durchnässt schleppte er das doppelte an Gewicht - so kam es ihm zumindest vor.
Heute schon zum dritten Mal hörte er von irgendwo am Himmel her die Triebwerke eines Düsenjets und versuchte das Flugzeug auszumachen, was bei dem dichten Regenschauern noch länger dauerte, als bei Sonnenschein und klarer Sicht - und selbst dann war es nicht so einfach, da der Schal erst bei seinen Ohren ankam, wenn das Ding schon Meilen entfernt war. Aber dieses Mal war es kein Düsenjäger und auch keine andere Militärmaschine. Eine gigantische Rakete donnerte nur wenige hundert Meter über dem Boden dahin und verlor rapide an Höhe. Irgendwo am Horizont, hinter den bewaldeten Bergen schlug sie ein...

Was dann kam wirkte so unreal wie ein lebender Dinosaurier auf einem Marktplatz. Die Explosion war so gewaltig, dass es Egid vorkam, als sei der Berg, auf dem die Rakete eingeschlagen zu sein schien, von der Erde abgesprengt worden. Eine zylinderformähnliche Wand aus Staub, Feuer und Rauch stieg Kilometer weit in den bewölkten Himmel auf. Die schweren, grauen Wolken wurden von dem Druck hinweggefegt und bildeten nun eine runde Öffnung um die immer weiter aufsteigende Explosionssäule, die sich am oberen Ende zu einem monströsen Pilzhut formte. Gleichzeitig kam eine Unsichtbare Macht über das Land, welche alles niederwalzte was im Wege stand. Egid hatte kaum Zeit zu schreien, als sie ihn mit sich riss und viele Meter weiter in ein Getreidefeld schleuderte. Während die Rauchsäule immer schmaler wurde, wuchs der Pilzhut immer weiter an, aber davon bekam Egid nichts mehr mit. Er spürte wie die Druckwelle zurückkehrte und ihn wieder mit sich zog. Er rollte durch die Getreidehalme und blieb bewusstlos im Straßengraben liegen.

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