Es ist ein guter Tag um ins Kino zu gehen, denkt er, weil ihn der Drang etwas tun zu müssen gepackt hat. Dem kann er nicht widerstehen.
Er kann es nicht mal versuchen, weil eine eigenartige Nervosität seine Macht ergriffen hat. Es gibt nur noch das eine Ziel und zwar „ins Kino gehen“. Er packt ein paar Sachen in seine Tasche, die er immer dabei hat, wenn er in die Stadt fährt. Sachen, die er gar nicht braucht, aber man weiß ja nie. Ein Notizbuch, für den Fall, dass er was aufschreiben muss, den MP3-Player, um sich vielleicht die Zeit im Zug zu vertreiben auch wenn er nach knappen 10 Minuten wieder aussteigen muss, die Kamera, weil er sie immer dabei hat, aber in der Stadt ohnehin niemals Fotos macht, wegen der vielen Leute – er glaubt, man würde ihn für einen Touristen halten oder so was – zumindest denkt er das heute. Er nimmt auch eine Zeitschrift mit, weil er wahrscheinlich im Café warten muss, bevor der Film anfängt – wann es genau losgeht, weiß er so gut wie nie – er will sich nicht mit solchen Nebensächlichkeiten aufhalten – die Hauptsache ist ja, dass er ins Kino will an eben diesem Tag – dass der Tag 24 Stunden hat bedenkt er nicht. Er interessiert sich für viele Naturwissenschaften, dafür aber kaum für den ganzen anderen Kram den man braucht, um in der heutigen Welt zurecht zu kommen. In der Zeitschrift will er sich den Artikel über „nackte Singularitäten“ nochmals durch lesen, weil er solch' komplexen Sachen niemals auf Anhieb versteht – im Grunde versteht er so gut wie nichts auf Anhieb und vielleicht ist er auch müde geworden die wirklich lebenswichtigen Sachen zu verstehen. Bei den Naturwissenschaften ist das anders, die interessieren ihn, auch wenn er auch diese nicht sofort versteht. Wozu sollte man sich mit dem bedeutungslosen Leben auf diesem schönen zwar, aber ebenso bedeutungslosen Planeten, beschäftigen, wenn die Dimensionen des Universums 100 Millionen mal größer sind, wieso sollte man sich auf so was bedeutungsloses beschränken? Solche Gedanken gehen ihm oft durch den Kopf, weil sie heilsam wirken – Entschuldigungen dafür, dass er nicht voran kommt mit seinem bedeutungslosen Leben.
Er zieht sich an. Schuhe, Jacke. Er schaut nach Pickeln oder anderen Unstimmigkeiten im Gesicht und er kämmt sein Haar. Es muss schon irgendwie so aussehen, dass er sich selbst gut aussehend findet, was ansonsten nicht der Fall ist, weil es eh schon zu spät ist zu glauben, dass man eigentlich ganz nett anzusehen ist. Auf den Fotos von früher findet er sich niedlich und süß und hübsch. Als diese Fotos entstanden, fand er sich dürr, schief und einfach ganz hässlich. Heute findet er sich auch dürr, schief und und einfach ganz hässlich, aber wenn er mal ein alter Mann ist, wird er denken, dass er ein hübscher, knackiger Bursche war nur dann wird das Leben schon fast vorbei sein.
Soll er jetzt gehen oder nicht? Der Drang etwas tun zu müssen verpuffte gerade relativ schnell. Er stieg die Treppe herunter...
… die Reise führte ihn einmal um das Dorf in welchem er lebte und dann wieder zurück in das kleine unscheinbare Nest auf dem Dach. Was sollte er schon im Kino?
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