Dort,
wo von oben das Sonnenlicht hin leuchtete konnte man Wasser sehen. Es
war nicht bloß eine Pfütze, sondern ein tiefer See und dennoch
konnte man den Grund erkennen, so klar war das Wasser. Der See musste
fast den gesamten Raum um den Elefantenkopf-Felsen herum einnehmen.
Eine riesige Hölle.
„Passt
auf“, sagte Nastia. Sie warf einen Stein herunter. Er flog einige
Meter in die Tiefe und dann war ein lautes Klatschen zu hören.
„Wahnsinn!“,
sagte Kiara, „wo hast du bloß diese abgefahrenen Ideen her?“
„Wie
wäre es, wenn wir da runter klettern würden?“, fragte Nastia und
überhörte Kiara einfach.
„Ich
kann nicht schwimmen“, sagte Den direkt.
„Wenn
du nicht schwimmen kannst, kannst du auf jeden Fall ertrinken“,
sagte Kiara.
„Jetzt
halt doch einmal deinen Mund“, fuhr Den sie an.
Sie
zuckte mit den Schultern.
„Hört
zu, wir besorgen uns ein Seil und klettern dort runter. Wer weiß,
was dort alles zu entdecken ist?“, sagte Nastia begeistert.
„Vielleicht Höhlenmalereien oder so etwas.“
„Mir
scheint so, als sei diese Höhle nie jemals von einem Menschen
betreten worden“, sagte ich.
„Genau“,
rief Nastia strahlend, „wir werden die ersten Menschen dort unten
sein, wir kratzen unsere Namen in den Fels!“
Das
Sonnenlicht verschwand mit einem Mal. Wir sahen alle auf. Schwere
Wolken zogen über unseren Köpfen schnell vorbei und bedeckten den
klaren Himmel. Der Elefantenkopf-Felsen bekam dunkle Schatten. Er
wirkte nun bedrohlich, als hätte seine Laune gewechselt. Böse
starrte er jetzt auf uns hinab.
„Wir
gehen besser“, sagte ich.
„Ach
man“, sagte Nastia.
Wir
machten kehrt. Es fing an zu regnen.
„Wir
haben jetzt ohnehin kein Seil dabei, Nastia“, sagte ich, als sie
sich noch einmal umdrehte. Vielleicht wäre sie umgekehrt aber ein
Donnergrollen kündete ein Unwetter an und sie folgte uns über die
Felsen nach oben.
Der
Regen prasste mit einem Mal auf uns nieder. Wir gingen den selben Weg
zurück den wir gekommen sind aber niemand kam uns entgegen. Die
Stadt war nicht weit, direkt vor uns war der Waldausgang aber umso
näher wir kamen, umso deutlicher wurde, dass etwas nicht stimmte.
„Die
Sirene“, sagte Den.
Wir
blieben stehen, nass bis auf die Haut.
„Hört
ihr? Die Jets!“ Nastia zeigte zum Himmel.
Sie
flogen so tief wie noch nie. Und es waren nicht nur Jets. Große
Maschinen drehten einen weiten Kreis um die Stadt.
„Die
springen ab, seht da“, schrie Kiara. „Kacke, Mist, verdammt, was
wird das?“
Aus
den großen Flugzeugen sprangen Menschen raus. Ohne Fallschirme
schienen sie irgendwo in den Straßen aufzuschlagen.
„Okay“,
sagte ich. „Wir gehen besser nicht zurück.“
„Was
redest du da, ich muss zu meinen Eltern“, sagte Den. Er ging.
„Warte,
Den, es ist besser- ...“, sagte ich. Dann knallte es und das Echo
einer Explosion ging durch den Raum. In meinem Kopf hallte es.
„Den!“,
schrie Kiara. „Geh weg da!“
Eine
weitere Explosion erschütterte den Erdboden. Den blieb unschlüssig
stehen. Dicke, schwarze Rauchsäulen stiegen nun in den tief
hängenden Himmel auf. Wieder eine Explosion. Den drehte um.
„Verdammt,
meine Eltern sind noch in der Stadt“, sagte er mit einer schwachen
Stimme. Er kam bei uns an, drehte wieder um und machte wiederholt
einige Schritte auf den Waldausgang zu und blieb stehen. Noch eine
Explosion. Die Rauchsäulen wurden vom Sturm mitgerissen und
verbanden sich zu einem pechschwarzen Fleck inmitten der grauen Suppe
die über der Stadt hing. Der Regen wurde noch stärker.
„Den,
sie sind bestimmt in den Keller gegangen“, sagte Kiara.
„Den,
wir müssen abwarten bis es vorbei ist“, sagte ich und ich packte
ihn am Arm, weil er einen weiteren unsicheren Versuch unternehmen
wollte in die Stadt zu rennen.
„Was
sollen wir tun?“, fragte Nastia.
Ich
blickte zurück in den Wald. Es gab keinen Ort wo wir uns verstecken
könnten. Es war das beste zwischen den Bäumen darauf zu warten bis
der Angriff vorbei war oder...
„Wir
verstecken uns in dem Loch“, sagte ich.
„Ohne
Seil?“, fragte Nastia.
Den
weinte still. Bei dem Regen bekam es niemand mit, glaubte er. Er ging
jedenfalls als erster los – zurück zum Elefantenkopf-Felsen. Kiara
wollte ihn anfassen – keine gute Idee, fand ich und hielt sie
zurück. Ich weiß nicht einmal warum. Wir gingen ihm nach. Keine
Explosionen mehr. Jetzt fielen Schüsse und sie trieben uns an immer
schneller zu gehen.
„Ich
springe zuerst“, sagte Nastia.
Jets
schossen über unseren Köpfen vorbei, knapp über den Baumkronen.
Wir zuckten alle zusammen und gingen beinahe gleichzeitig in die
Knie.
„Beeilung,
Mistkacke“, flüsterte Kiara laut.
Wir
kletterten nun schon zum was weiß ich wievielten Mal runter und
kamen dem bedrohlich-wirkenden Felsen näher. Es blitzte und das
Licht brannte mir den Schädel eines Elefanten in die Netzhaut.
„Okay,
alles klar, es ist ganz einfach“, sagte Nastia, „einfach springen
und dann überlegen wir uns alles weitere.“
„Das
ist eine bekloppte Idee, du Backfisch“, sagte Kiara. „Lasst uns
hier bleiben, wir müssen doch nicht da runter.“
Wieder
schossen Jets über unseren Köpfen dahin.
„Scheiße“,
schrie Kiara. Und wieder hatten wir uns halb auf den Boden geworfen.
Nastia
stand als erste auf. Drei weitere Jets folgten. Sie machte drei große
Schritte auf das Loch im Boden zu und sprang hinunter. Wir starrten
eine Weile die Stelle an, wo sie gerade noch gestanden hatte.
„Ist
ihr Bein eigentlich wasserdicht?“, fragte Kiara verblüfft.
Den
sah sie an, als würde ihm die Frage tatsächlich Sorgen bereiten.
„Halt
doch die Klappe, Kiara“, murmelte er.
Ich
kniete mich vor dem Abgrund hin und sah vorsichtig hinunter. Nastia
sah zu mir hoch.
„Kommt
schon“, schrie sie hoch.
Wieder
blitzte es. Der Elefantenkopf starrte auf mich herab. Er schien böse
zu grinsen. Den flog an mir vorbei und landete unten im Wasser.
„Ich
kann nicht schwimmen“, japste er, als er an die Wasseroberfläche
kam und nach Luft schnappte.
„Na
schön“, sagte Kiara neben mir. Sie setzte sich an den Rand, ließ
ihre Beine herunter baumeln und stieß sich ab. Sie landete zwischen
den beiden anderen.
„Ich
kann echt nicht schwimmen“, jammerte Den, hielt sich jedoch recht
gut über Wasser.
Jetzt
war ich dran.
das war es erst einmal.
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