Als ich in die Dusonstadt
kam war ich 14 Jahre alt.
Es war die Stadt der
Welt, die größte, hier lebten fast alle Menschen die auf diesem
Planeten lebten, es waren 160 Millionen auf einer Fläche so groß
wie die Niederlande.
Als ich in die Dusonstadt
kam hingen schwere Wolken über den Kilometer-hohen Wolkenkratzern
und zwischen den Ebenen, den Autobahnen, Magnetbahnen, den
Fußgänger-Linien, zwischen den Gerüsten aus intelligenten Metallen
und den Lichtern, angetrieben von einer Wüste aus Sonnenkraftwerken.
Ich kam in einem
Lieferwagen auf dem Beifahrersitz. Bavor, die andere Stadt oder das
Dorf, eine der Farmen die die Megastadt versorgten, da kam ich her.
Wir kamen durch den Wald, der die Dusonstadt beinahe gänzlich umgab,
wir fuhren auf einer Landstraße.
Man kam an, von einer
Sekunde auf die andere, denn der Wald hörte plötzlich auf und
Vorstadt-Viertel begannen, wie ausgeschnitten und zusammen geklebt,
wie ein Klotz aus Beton den man auf eine Fläche Moos wirft. Und man
konnte nicht wieder zurück obwohl es möglich war. Es hieß die
Stadt unterzog einen einer Gehirnwäsche, machte einen gefügig,
loyal, treu und ehrfürchtig und all so etwas.
Wir hatten sofort ein
Haus. Daneben stand noch eins und danach kamen noch mehr Häuser. Die
Straße nahm nur ein Ende, wenn man ein Auto besaß und fahren
durfte. Wenn man sich Zeit nahm erreichte man irgendwann die
Reihenhäuser und dann die Wohnblöcke und irgendwann auch eine
Station mit der Bahn.
Bevor ich in die
Dusonstadt kam schwor ich mir ihr nicht zu verfallen, mich zur Wehr
zu setzen und nicht so zu werden, wie die Dusoner. Sie hatte mich zu
sich gerufen, ich musste kommen aber das hätte sie nicht tun sollen.
Ich hatte Freunde in Bavor, die mich zurück erwarteten.
Der Sommer war heiß. Es
bedurfte dennoch keiner Vorkehrungen, um in die Sonne gehen zu
können, für den nötigen Schutz vor der Strahlung sorgte die Stadt.
Das war sehr neu für mich, ich traute ihr ja nicht. Schließlich
musste ich das Haus irgendwann doch verlassen und das war vielleicht
mein Glück, je nachdem.
Im Haus auf der anderen
Straßenseite wohnte Jufa. Sie sagte „Hey“ und kam zu mir, als
würden wir uns schon etwas länger kennen.
„Wie heißt du?“,
und so weiter. Wir lernten uns kennen. Wenn ich schon mal hier war,
konnte es nicht schaden sich einige Kontakte zu machen – wer weiß
wozu sie gut waren.
Ihre Eltern arbeiteten an
einem Landeplatz der Feuerwehr. Sie hatte eine Schwester die
psychisch krank war – sie bestand aus mehreren Personen. Ich fand
sie lustig und sie war der erste Mensch der sich nichts aus der
Dusonstadt machte – ich glaube, eigentlich merkte sie gar nicht,
dass sie in der Dusonstadt lebte. Sie und er und er führten einen
Krieg gegen Nachbars Katze.
Jufa erzählte mir oft
von ihrer Schwester und manchmal auch von ihrer Angst vor ihrer
Zukunft. Sie war nicht besonders gut in der Schule, was soviel
bedeutete wie, sie gehörte nicht zur Elite, konnte aber
Computersysteme programmieren, wenn sie sich rein kniete.
Ich war wirklich nicht
gut in der Schule, meine Noten waren tatsächlich miserabel, dafür
war ich aber gut außerhalb der Schule – vielleicht reichte es, um
im Wald zu leben, dachte ich immer. Da lebte ich bereits einige Zeit
in der Dusonstadt.
In der Schule brachten
sie mir alles bei, was ich bisher nicht konnte, selbst wenn ich keine
Lust dazu hatte. Hin und wieder, wenn mir dies mal wieder auffiel,
wurmte es mich ziemlich – es war, als würde die Gehirnwäsche auch
auf mich wirken. Ich hatte Glück, das Jufa mich immer daran
erinnerte, dass ich der Dusonstadt nicht verfallen wollte. Ich hatte
ihr erzählt, dass ich es hier hasste und lieber zu meinen Freunden
zurück wollte – wie waren noch ihre Namen?
Ich musste kämpfen, weil
die Gehirnwäsche langsam wirkte. Nach den Ferien im Januar kam ich
zu spät in die Klasse. Der Lehrer drehte sich zu mir um, er stand am
Holograph, sein Stuhl war unbesetzt, wie passend. Ich nahm seinen
Stuhl und warf ihn durch das Fenster. Er prallte aber ab und knallte
laut zu Boden.
„Was ist los, Horu?“,
fragte der Lehrer. Erst da merkte ich, dass ich ihn gar nicht kannte.
„Hallo“, sagte ich,
„wer sind sie denn?“
Er kam zu mir.
„Gascleaner“,
stellte er sich vor.
Er legte einen Arm um
meine Schulter und führte mich aus der Klasse. Im Flur fing ich an
mich im Kreis zu drehen und ein wenig wie eine Baletttänzerin
auszusehen. Ich entfernte mich von ihm.
„Bleib doch hier“,
rief er mir nach.
Ehe ich auf dem Schulhof
war, hatte ich bereits den Schulpsychologen, eine der Schulärztinnen
und mit Sicherheit und zur Sicherheit auch die Polizei irgendwo im
Hintergrund.
„Horu kannst du uns
mal aufklären“, fragte der Schulpsychologe.
Sie blieben alle sehr
ruhig. Keiner kam mir zu nahe, nicht das sie es nicht versucht hätten
aber als ich weg sprang wie ein erschrockenes Tier blieben sie stehen
und versuchten mich aus der Distanz zu fangen – allein nur mit
ihren Worten.
Egal was sie tun oder
sagen würden, ich würde weiter verrückt spielen.
Aber eine Stunde später
hatte ich einen Tee vor mir stehen und saß im Sekretariat und
wartete, dass meine Oma mich abholte. Sie sagten, ich wäre nicht der
erste, der nicht so sein wollte, wie es die Dusonstadt will. Sie
sagten, dass auch dieses Verhalten die Stadt wiedergibt. Ich sollte
bedenken, dass in dieser Stadt beinahe alle Menschen der Welt lebten
und sie waren alle unterschiedlich und sie alle machten die Stadt aus
und ich sei Teil der Stadt egal wie bekloppt ich mich verhielt –
durch mich war die Stadt zum Teil auch bekloppt. Es gibt keine
Gehirnwäsche. Es gibt nur eine Grenze und wenn man diese
überschreitet ist man die Dusonstadt. Das man nie mehr zurück
kehren kann ist bloß Humbuk – ich kann jederzeit zurück nach
Bavor.
Aber wie hießen meine
Freunde noch?
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