Donnerstag, 28. März 2013

Nä-nä! (1)


Die Geschichte spielt in der großen, großen Dusonstadt an einem Ort am Stadtrand ganz nah am großen Wald. Die Dusonstadt ist so groß, dass sie nicht von einem einzelnen Menschen geführt werden kann. So ist die Stadt in 381 Sektoren aufgeteilt und in jedem dieser Sektoren kümmert sich ein Sektor-Administrator um alle Belange in seinem Sektor. Das ist eine Art Bürgermeister. Diese Bürgermeister werden von den Menschen die in dem jeweiligen Sektor leben gewählt. Dieser Bürgermeister verwaltet den Sektor dann 4 Jahre lang, es sei denn, die Menschen stimmen ab, dass er früher gehen muss, weil sie nicht zufrieden mit ihm sind. In diesem Fall wird ein Vertreter eingesetzt bis ein neuer Bürgermeister gewählt worden ist.
Im Sektor 166 oder wie er auch genannt wird „Das Lalande-Viertel“, war genau das passiert. Die Menschen entließen ihren Bürgermeister und bereiteten sich auf neue Wahlen vor. Dies konnte mitunter viele Monate dauern, zumal es noch nicht einmal Kandidaten für das Amt gab.
Der Vertreter für diesen Posten war Sektor-Administrator Holsen der sich zuvor um einen Sektor im Aufbau gekümmert hatte. Ein Sektor in dem eine Megastruktur aufgebaut worden war, die dazu dienen sollte Fracht in den Erdorbit zu transportieren. Eine Art Aufzug in den Weltraum. Nachdem die provisorische Arbeiterstadt nach dem Vollenden der Bauarbeiten wieder entfernt worden war, gab es für Holsen nicht mehr viel zum Verwalten und der Weltraumaufzug gehörte einem großen Konzern der den gesamten Sektor aufgekauft hatte, um dort rund um den Aufzug Lagerhäuser aufzubauen.
Administrator Holsen bekam also eine neue Stelle in Sektor 166 und zog mit seiner Frau und seinem Sohn in ein großes Haus am Stadtrand. Seine Frau erforschte alte Ruine außerhalb der Stadt, die unter dem Meer lagen oder von Bäumen und Sträuchern überwuchert waren. Wenn sie Zuhause war, dann blieb sie manchmal einen Monat oder zwei und langweilte sich schon nach wenigen Tagen auch wenn sie sich oft ganz gut mit einem Spiel in einer der Computerwelten ihres Sohnes ablenken konnte. Öfters nahm sie ihren Sohn dann auf einen virtuellen Ausflug in die Vergangenheit mit, um ihm zu zeigen, wie Menschen früher gelebt hatten. Meistens war sie jedoch nicht Zuhause – sie reiste sehr weit durch die Welt, noch weiter, als die Farmen die die Stadt mit Nahrung versorgten, entfernt waren und die waren ziemlich weit weg – weit hinterm Wald.
Dort wo die Farmen standen, sah die Welt sehr flach aus. Egid hatte mal Bilder von oben gesehen. Es sah aus, wie ein Meer aus verschieden-farbigen Feldern, wie ein buntes Schachbrett aber nicht so gerade und gleichmäßig. Der Boden schien mit Feldern gepflastert zu sein und sie wollten in keiner Richtung ein Ende nehmen. Auf den Luftbildern hatte Egid auch Berge am Horizont gesehen und er hatte sich gefragt, ob auch sie mit Feldern bedeckt waren.
Egid war der Sohn von Administrator Holsen. Er war 10 Jahre alt aber schon ziemlich groß für sein Alter, er hatte dunkelbraunes Haar und passende Augen dazu und die längste Zeit die er bisher gelebt hatte, hatte er einen gelangweilten Gesichtsausdruck getragen – jedenfalls kam es ihm oft so vor. Dabei hatte er eigentlich alles, das andere Kinder nicht hatten – einen der besten Computer der Welt, Skateboards, ein ganz tolles Fahrrad, den neuesten Armkommunikator (Computer der am Arm getragen wird ;p), einen Roboterfreund, einen Roboterhund, einen holographischen Adler, der in seinem Zimmer herum flog und ihn manchmal sogar in den Gewerbevierteln aufsuchte, um ihm einige neue Spielsachen zu zeigen, die in den Geschäften angeboten wurden. Er besaß alle Hörspiele von „Battle Angel Alice“, jedes Album von „Banshee“ und alle Geschichten der Welt die er lesen wollte, jede Zeitschrift die er haben wollte... naja – das reicht ja schon, oder? Aber er hatte noch viel mehr!
„Was sagst du zu deinem neuen Zimmer?“ Herr Holsen kam alle paar Stunden, um nach Egid zu sehen. Er hatte es schon immer getan. Er wusste, dass er viel zu wenig Zeit mit ihm verbrachte und so versuchte er jede freie Minute zu nutzen, um mal eben nach ihm zu sehen und mit ihm einige Worte zu wechseln.
„Es ist gut“, nickte Egid und um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, zog er die Vorhänge auf und blickte in einen Weiten Garten mit perfektem Rasen und braven Bäumen. „Gefällt mir echt gut.“
Herr Holsens Kommunikator blinkte auf. Er hob den Arm und nickte in die kleine Kamera am Gerät.
„Herr Holsen, ich würde mich gerne vorstellen“, hörte Egid eine Stimme aus dem Kommunikator kommen, die er nicht kannte. „Ich bin Robert Jannick ihr zugewiesener Berater hier in Lalande, wenn sie die Möglichkeit hätten sich mit mir noch heute zu treffen, könnte ich ihnen einige wichtige Dinge sagen, die für ihre Rede morgen hilfreich sein könnten – ansonsten sende ich ihnen mit diesem Gespräch meine Verbindungsdaten, so, dass sie mich jederzeit erreichen können.“
„Danke, Herr Jannick – Egid, wir sprechen beim Abendessen weiter – ich denke, ich habe nach dem Tee eine halbe Stunde, wenn sie dann in der Zentrale sind....“
Herr Holsen verschwand im Flur. Egid machte die Zimmertür hinter ihm zu. Er ließ die Luft aus seinen Lungen sausen, warf sich quer auf sein neues Bett und schwang seine Füße auf einen Karton. Vielleicht sollte er die Dinge in ihm einfach drin lassen. In einigen Monaten würde er sie ohnehin wieder einpacken müssen. Dann würden sie schon wieder umziehen. Soweit er sich erinnern konnte, sind sie nie lange an einem Ort geblieben. Ganz am Anfang war sein Vater der Administrator der Central-Sektoren gewesen. Dort stand der Turm in dem die Künstliche Intelligenz, die alles in der Stadt steuerte, drin war. Danach hatte er einige Zeit in einem Sektor am Meer gelebt aber nur sehr kurz – dort war es sehr schön gewesen. Und danach lebten sie knapp zwei Jahre in einem Sektor in dem ein sehr merkwürdiges Volk lebte, das die künstliche Intelligenz und jegliche Technik ablehnte. Schließlich hatten sie sich um die Belange der Arbeiter die den Weltraumaufzug bauten gekümmert und landeten im Lalande-Viertel welches vom großen Wald beinahe verschluckt wurde.
Tatsächlich schienen alle Straßen die auf den Wald zu liefen, kurz vor dem Wald oder kurz nachdem sie die Grenze des Waldes passiert hatten, einfach aufzuhören. Als hätten die Erbauer-Einheiten ganz abrupt aufgehört weiter zu machen. In Wirklichkeit durchschnitten sehr viele Straßen und Schienen den Wald, immerhin musste die Stadt mit Nahrung von den Farmen versorgt werden aber hier in Lalande oder vielleicht bloß in der Näheren Umgebung wirkte es so, als sei der Wald undurchdringlich.
Egid stand am Nachmittag am Ende seiner Straße „Hinter den Nelken“ hieß sie, er hatte es auf einem Schild gelesen. Er schaute in den Wald hinein. Und -ähm- der Wald schaute zurück. Er hörte keinen Vogel und kein Rascheln oder Zirpen. Das hatten trockene, windstille Tage in der vollen Sonne so an sich aber Egid fühlte sich im Moment etwas gegruselt deswegen. Er verschränkte seine Arme, um die Gänsehaut weg zu bekommen. Da hörte er es!
„Mnjam, Mnjam, Mnjam!“
Was war das?!

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