Edith lächelte schwach. Der Zug hinter ihr kam zum Stehen. Ihr Blick – diese dunklen Augen – traf den Olivers – das Licht der schwindenden Sonne sich in ihnen spiegelnd, durch das schmutzige Glas des Bahnhofdachs softer wirkend, schimmerte als würde sie in warme Glut blicken. Nur ein Augenblick, denn sie senkte den Kopf zu Boden, das Haar – schmutzigblond, verwegen – fiel ihr, Strähne um Strähne, traurig ins Gesicht. Eine Sekunde folgte der nächsten – hinter ihr zischte es hydraulisch; die Türen öffneten sich.
„Ich will nicht, dass du gehst“, murmelte er – ganz leise, dass es selbst die Brise Wind übertönte, die nun auch ihm sein Haare stähnenweise ins Gesicht blies, seine hellbraunen Augen – in diesem Moment fast grau, wie im Schatten – diskret zensierte, denn das Spülwasser stand in ihnen.
„Ich auch nicht“, murmelte sie flüsternd ihm zu.
Ohrenbetäubendes Flügelschlagen schreckte beide auf, Tauben flatterten, wie verrückt in die Höhe, störten diesen Moment auf eine grässliche Weise, rüttelten alles auf, zerstörten – so kam es beiden vor – diesen Moment, der ansonsten ewig gewehrt hätte.
Edith spürte eine Taubheit um ihren Kopf und darunter ein Chaos welches ziemlich schmerzte, schlimmer als eine tiefe Messerwunde. Ihre Hände – versunken in den Ärmeln des Wollhemdes welches sie getragen hatte, als sie her gekommen war – zitterten, sie hatte nicht die Macht dies zu stoppen, doch daran dachte sie gar nicht.
Die Brise Wind – ausdauernd in das Haar der beiden pustend, als versuchte sie sie ohne viel Hoffnung aufzuheitern – brachte ein zusammengeknülltes Papier mit sich und einige Dutzend Papierherzen. Die Herzen flatterten vorbei, klatschten gegen Bänke, fielen unter den stehenden Zug, flogen zur Decke herauf.
Oliver lenkte sich damit ab, diesen kleinen Herzen nach zuschauen, er folgte ihnen mit seinen Augen bis zum Bahnhofsdach. Hinter den verdreckten Scheiben strahlte ein heller Himmel ohne Wolken, so hell, dass er blendete. Er kniff die Augen zusammen – eine Träne tropfte herab – er lächelte schwach, zuckte mit der Schulter.
„Vergiss bitte nie, dass es mich gibt“, sagte er.
Edith lachte auf.
„Wie stellst du dir vor, soll ich dich je vergessen können?“
Beide lächelten sich ziemlich überzeugend an. Ein Papierherz schwebte herbei, drehte sich in der Luft, landete zu ihren Füßen.
„Bis dann“, sagte er irgendwann. Sie machte einen abrupten Schritt auf ihn zu, schloss ihn in ihre Umarmung.
„Ja, bis dann“, sagte auch sie, lies von ihm, ging rücklinks zur Wagontür, trat ein, die Türen schlossen sich automatisch, der Zug zog – bewegte sich ganz langsam vorwärts, als würde er ihnen die Gelegenheit geben wollen, es sich noch mal anders zu überlegen, es gab nichts zu überlegen – wurde fast mit einem Mal schneller, verschwand hinter Baumkronen.
„Komm wieder zurück“, dachte Oliver. Ihre Augen schimmerten noch immer in dieser Sonne. Der Wind fuhr ihm noch immer durchs Haar, diese scheiß Herzen flogen immer noch durch die Gegend. „Bitte, komm gleich wieder zurück.“
Er wartete eine halbe Stunde. Er wartete dann noch eine, weil eine nicht ausgereicht hätte, um zurück zu kommen. Schließlich wartete er eine dritte halbe Stunde, weil es vielleicht doch länger dauerte und am Ende wartete er auch noch die vierte halbe Stunde, weil es Mittag erst um halb zwei gab und außerdem wollte er doch nichts essen.
„Ed…“, flüsterte er. „Ed.“ Einen so schönen Namen gibt es nur einmal, dachte er, stand auf und machte sich auf den langen Rückweg dahin wo er wohnte, nicht mehr lebte.
Ein langer Schotterweg führte zum Hof seiner Großeltern, weit von der Stadt entfernt, in den Feldern, inmitten von Bäumen, wo es sonst niemanden gab.
Gezwungen setzte er einen Fuß vor den anderen, der schwache Wind schien ihn zu schieben oder zu stützen, vielleicht führte er ihn. „Na komm“, schien er zu sagen, „es bringt ja doch nichts, du musst zurück nach Hause.“
Die Sonne ging vor einer Woche unter – vom Felsen aus sahen sie beide zu – verbrannte den Horizont, versank in ihrer eigenen Glut. Sie saß nah bei ihm, blickte in die Ferne und sie lächelte. Er sah ihr dabei unauffällig zu und auch er lächelte, versuchte ihr Lächeln zu imitieren – sie hatte ein besonderes Lächeln – ganz unauffällig und trotzdem so echt wie kein anderes.
„Ich möchte gern nach Olympus Village“, hatte sie gesagt. Der Mars leuchtete blass am dunkler werdenden Himmel.
„Ich auch“, sagte er und sie gluckste – die Erinnerung an diesen Ton lies ihn stoppen, so abrupt, dass der Wind nicht rechtzeitig abbremsen konnte und mit Wucht an ihm vorbei zog, sein Haar, seine Sachen mit sich riss – er hatte sie angeguckt, sie den Kopf geschüttelt.
„Du würdest eh alles das tun, was ich auch tue“, hatte sie gelächelt, er zurück gelächelt – ihr Gesicht – braun gebrannt von viel Sonne – so nah bei seinem – keine Berührung doch eine Aura, wie Elektrizität, streifte seine Wangen, denn sie hatte ihn behutsam geküsst.
Oliver atmete durch, setzte seinen Rückweg fort. Ihre Aura umgab ihn auch jetzt noch – wie eine Kugel inmitten der er ging – und das woraus sie bestand wirbelte um ihn herum, durcheinander, stürmisch und voller Gedanken an sie und voller Erinnerungen.
„Bitte komm zurück“, flüsterte er plötzlich vor sich hin. Er flüsterte es ein paar mal, faltete seine Hände, wie in der Kirche beim Gebet – der Zug musste schon einige Dutzend Kilometer weit weg sein.
„Mach, dass sie zurückkommt.“
Er lies sich zu Boden fallen – auf seine Knie – der Schotter schnitt durch die Jeans, in seine Haut, doch dieser Schmerz war nicht mächtig genug, als dass Oliver in registrieren hätte können in diesem Moment. Er setzte sich mit den Hintern auf seine Schuhsohlen, seine Hände im Schoss – der Wind blies kalt, die Sonne wollte nicht mehr wärmen – seinen Kopf lies er hängen, das Haar baumelte herab.
Ein Papierherz landete vor ihm auf den Boden – er sah das Rot durch die Haare durch, erkannte zwei Worte darauf gedruckt. Knallrot – und mit schwarzer geschnörkelter Schrift auf dem Herzen stand:
„Liebe ist….“
„Ich will nicht, dass du gehst“, murmelte er – ganz leise, dass es selbst die Brise Wind übertönte, die nun auch ihm sein Haare stähnenweise ins Gesicht blies, seine hellbraunen Augen – in diesem Moment fast grau, wie im Schatten – diskret zensierte, denn das Spülwasser stand in ihnen.
„Ich auch nicht“, murmelte sie flüsternd ihm zu.
Ohrenbetäubendes Flügelschlagen schreckte beide auf, Tauben flatterten, wie verrückt in die Höhe, störten diesen Moment auf eine grässliche Weise, rüttelten alles auf, zerstörten – so kam es beiden vor – diesen Moment, der ansonsten ewig gewehrt hätte.
Edith spürte eine Taubheit um ihren Kopf und darunter ein Chaos welches ziemlich schmerzte, schlimmer als eine tiefe Messerwunde. Ihre Hände – versunken in den Ärmeln des Wollhemdes welches sie getragen hatte, als sie her gekommen war – zitterten, sie hatte nicht die Macht dies zu stoppen, doch daran dachte sie gar nicht.
Die Brise Wind – ausdauernd in das Haar der beiden pustend, als versuchte sie sie ohne viel Hoffnung aufzuheitern – brachte ein zusammengeknülltes Papier mit sich und einige Dutzend Papierherzen. Die Herzen flatterten vorbei, klatschten gegen Bänke, fielen unter den stehenden Zug, flogen zur Decke herauf.
Oliver lenkte sich damit ab, diesen kleinen Herzen nach zuschauen, er folgte ihnen mit seinen Augen bis zum Bahnhofsdach. Hinter den verdreckten Scheiben strahlte ein heller Himmel ohne Wolken, so hell, dass er blendete. Er kniff die Augen zusammen – eine Träne tropfte herab – er lächelte schwach, zuckte mit der Schulter.
„Vergiss bitte nie, dass es mich gibt“, sagte er.
Edith lachte auf.
„Wie stellst du dir vor, soll ich dich je vergessen können?“
Beide lächelten sich ziemlich überzeugend an. Ein Papierherz schwebte herbei, drehte sich in der Luft, landete zu ihren Füßen.
„Bis dann“, sagte er irgendwann. Sie machte einen abrupten Schritt auf ihn zu, schloss ihn in ihre Umarmung.
„Ja, bis dann“, sagte auch sie, lies von ihm, ging rücklinks zur Wagontür, trat ein, die Türen schlossen sich automatisch, der Zug zog – bewegte sich ganz langsam vorwärts, als würde er ihnen die Gelegenheit geben wollen, es sich noch mal anders zu überlegen, es gab nichts zu überlegen – wurde fast mit einem Mal schneller, verschwand hinter Baumkronen.
„Komm wieder zurück“, dachte Oliver. Ihre Augen schimmerten noch immer in dieser Sonne. Der Wind fuhr ihm noch immer durchs Haar, diese scheiß Herzen flogen immer noch durch die Gegend. „Bitte, komm gleich wieder zurück.“
Er wartete eine halbe Stunde. Er wartete dann noch eine, weil eine nicht ausgereicht hätte, um zurück zu kommen. Schließlich wartete er eine dritte halbe Stunde, weil es vielleicht doch länger dauerte und am Ende wartete er auch noch die vierte halbe Stunde, weil es Mittag erst um halb zwei gab und außerdem wollte er doch nichts essen.
„Ed…“, flüsterte er. „Ed.“ Einen so schönen Namen gibt es nur einmal, dachte er, stand auf und machte sich auf den langen Rückweg dahin wo er wohnte, nicht mehr lebte.
Ein langer Schotterweg führte zum Hof seiner Großeltern, weit von der Stadt entfernt, in den Feldern, inmitten von Bäumen, wo es sonst niemanden gab.
Gezwungen setzte er einen Fuß vor den anderen, der schwache Wind schien ihn zu schieben oder zu stützen, vielleicht führte er ihn. „Na komm“, schien er zu sagen, „es bringt ja doch nichts, du musst zurück nach Hause.“
Die Sonne ging vor einer Woche unter – vom Felsen aus sahen sie beide zu – verbrannte den Horizont, versank in ihrer eigenen Glut. Sie saß nah bei ihm, blickte in die Ferne und sie lächelte. Er sah ihr dabei unauffällig zu und auch er lächelte, versuchte ihr Lächeln zu imitieren – sie hatte ein besonderes Lächeln – ganz unauffällig und trotzdem so echt wie kein anderes.
„Ich möchte gern nach Olympus Village“, hatte sie gesagt. Der Mars leuchtete blass am dunkler werdenden Himmel.
„Ich auch“, sagte er und sie gluckste – die Erinnerung an diesen Ton lies ihn stoppen, so abrupt, dass der Wind nicht rechtzeitig abbremsen konnte und mit Wucht an ihm vorbei zog, sein Haar, seine Sachen mit sich riss – er hatte sie angeguckt, sie den Kopf geschüttelt.
„Du würdest eh alles das tun, was ich auch tue“, hatte sie gelächelt, er zurück gelächelt – ihr Gesicht – braun gebrannt von viel Sonne – so nah bei seinem – keine Berührung doch eine Aura, wie Elektrizität, streifte seine Wangen, denn sie hatte ihn behutsam geküsst.
Oliver atmete durch, setzte seinen Rückweg fort. Ihre Aura umgab ihn auch jetzt noch – wie eine Kugel inmitten der er ging – und das woraus sie bestand wirbelte um ihn herum, durcheinander, stürmisch und voller Gedanken an sie und voller Erinnerungen.
„Bitte komm zurück“, flüsterte er plötzlich vor sich hin. Er flüsterte es ein paar mal, faltete seine Hände, wie in der Kirche beim Gebet – der Zug musste schon einige Dutzend Kilometer weit weg sein.
„Mach, dass sie zurückkommt.“
Er lies sich zu Boden fallen – auf seine Knie – der Schotter schnitt durch die Jeans, in seine Haut, doch dieser Schmerz war nicht mächtig genug, als dass Oliver in registrieren hätte können in diesem Moment. Er setzte sich mit den Hintern auf seine Schuhsohlen, seine Hände im Schoss – der Wind blies kalt, die Sonne wollte nicht mehr wärmen – seinen Kopf lies er hängen, das Haar baumelte herab.
Ein Papierherz landete vor ihm auf den Boden – er sah das Rot durch die Haare durch, erkannte zwei Worte darauf gedruckt. Knallrot – und mit schwarzer geschnörkelter Schrift auf dem Herzen stand:
„Liebe ist….“
3 Kommentare:
Gut!!!
hah! sehr sehr gut!!!
Warum schreibst Du nicht mehr?
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