Mittwoch, 15. September 2010

Traumbarila

Einen Moment lang dachte er, die schöne Frau, die das Lokal eben betreten hatte, wollte zu ihm. Was für ein dummer Gedanke, sie war viel zu jung. Tatsächlich ging sie nämlich vorbei und setzte sich zu ihrem Freund an den Tisch hinter ihm. Er nippte an seiner Tasse Tee.
In seinem Kopf gestalteten seine Gedanken eine für ihn interessantere Geschichte. Da setzte sie sich zu ihm und lächelte ihn an. Und weil das ohnehin schon sehr unrealistisch war, webte seine Fantasie noch unrealistischer.
„Sie sind Detektiv Barila?“, fragte sie mit gedämpfter Stimme.
Er nickte kühl.
„Danke, dass sie her gekommen sind. Ich wollte mich mit ihnen nicht in ihrem Büro treffen, da ich befürchte verfolgt zu werden und ich möchte sie in die Geschichte nicht mehr als nötig verwickeln.“
Er nahm eine Zigarette aus der Schachtel, die auch in Wirklichkeit auf dem Tisch lag und zündete sie sich an. Er tat es nur in Gedanken, das Rauchen war in diesem Lokal untersagt.
„Worum geht es?“, fragte er.
Sie seufzte.
„Ich glaube, mein Mann betrügt mich“, begann sie. Er nickte. „Bitte, verstehen sie mich nicht falsch, ich meine nicht, dass er mich mit einer anderen Frau betrügt sondern um mein Geld, verstehen sie?“
Er nickte.
„Ich verstehe.“
Sie seufzte wieder und dieses Mal etwas tiefer.
„Ich weiß nichts genaues, doch ich fürchte auch um mein Leben.“
Er bemerkte, dass ihre Hände zu zittern anfingen und dann musterte er sie etwas genauer. Sie war eine schön gebaute Frau mit langen blonden Haaren und braunen Augen, wenn sich nicht die Angst in ihnen spiegeln würde, wären es sehr beruhigende Augen gewesen. Eine kleine Narbe links auf der Stirn unterstrich ihr hübsches Gesicht sogar oder konnte der Schönheit nichts anhaben.
„Warum glauben sie, sie müssten um ihr Leben fürchten?“, fragte er.
„Darf ich ihnen noch was bringen?“
Er schaute die Bedienung irritiert an. Sie lächelte unsicher.
„Ja, danke, nein, danke, ich muss los.“
Sie nickte freundlich und fing an den Tisch nebenan zu räumen. Sie war auch hübsch und -
was wäre wenn, sie zu ihm gekommen wäre und gesagt hätte: „Darf ich mich zu ihnen setzen?“

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