Am
Ende des Tunnels gab es Neonlicht von oben.
Friska
nahm die Hand des kleinen Mädchens und schritt zum Ende.
Außerhalb
regnete es stark.
300
Meter gegenüber des Tunnelausganges saß ein Mann auf einer Bank. Er
trug einen weißen Anzug mit schwarzer Krawatte und einen Computer in
seinen Händen – und er hatte nichts an.
300
Meter dahinter stand sein Wagen.
Friska
und das kleine Mädchen standen am Ausgang und Friska hielt ihre
flache Hand in den strömenden Regen.
„Fallout“, flüsterte sie, damit der Mann sie nicht hörte. „Wir
bleiben hier, bis es aufgehört hat zu regnen.“
Das
kleine Mädchen nickte. Der Mann erinnerte sie an ihren Vater. Sie
drehte sich um und schaute in die Dunkelheit. Es kam ein Fahrradlicht
auf sie zu.
„Da!“, rief sie.
Friska
drückte das kleine Mädchen gegen die Tunnelwand und stellte sich
vor sie.
„Keine Angst“, flüsterte die Gestalt auf dem Fahrrad. Er hielt,
das Licht ging aus. „Ich bin Ronko von Aubeck aus dem
Untergeschoss, ihr erinnert euch?“
Friska
schüttelte den Kopf.
„Ronko aus dem Untergeschoss, verdammt?! Ihr habt mir die Eier
verkauft!“
Friska
nickte.
„Gut, was willst du, Ronko?“
Ronko
stieg vom Sattel ab. Er trat aus dem Dunkel ins Halbdunkle.
„Mein Comunicator ist aus gegangen“, erzählte er. Er zeigte
Friska sein Gerät. Es war aus.
„Mach es doch wieder an“, sagte Friska.
Ronko
verdrehte seine verschlafenen Augen.
„Sag mal, hältst du mich für vollkommen verblödet, oder was?“
Friska
hielt ihre Hand in den Regen, ohne Ronko aus dem Untergeschoss aus
den Augen zu lassen.
„Okay, Ronko, ich habe echt keine Zeit für dich, wir reden ein
anderes Mal.“
Ronko
heulte auf wie ein getretener Hund.
„Bitte! Du musst mir helfen, meine kleine süße Jennifer ist auf
meinem Comunicator – bitte!“
Friska
machte „Psst!“.
„Ist ja gut aber bitte… meine Jennifer!“, heulte Ronko leiser.
„Sie ist ein Programm, Ronko! Sie wird ewig auf dich warten, wenn
du willst.“
Ronko
lächelte kurz.
„Ja, nicht so wie die Echten! - aber… ich vermisse sie, ich kann
nicht ohne sie sein, nicht eine Stunde! Bitte, Friska!“
Friska
riss ihm den Comunicator aus der Hand, starrte ihn jetzt wütend an.
Er war ein Waschlappen, ganz anders, als sie anfangs gedacht hatte –
dieser Ronko aus dem Untergeschoss jetzt.
Fast
hätte sie das Gerät fallen lassen. Ronko hielt die Luft an. Sie
legte das Ding mit der Akkuseite auf ihre flache Hand. Ronko schaute
ihr nickend, mit weit offenen Augen zu, nah dran zu sabbern.
„Sag, Friska… wie lange?“
„Eine Stunde.“
Ronko
drehte sich auf dem Absatz um, drehte sich zurück, raufte sich die
Haare. Warf seine Arme nach vorne und seufzte. Dann setzte er sich in
die Pfütze unter seinen Füßen.
„Friska, der Androide bewegt sich“, sagte das kleine Mädchen.
Friska
kniete sich hin und zog das kleine Mädchen mit sich herunter,
„Er
darf uns nicht erkennen, du musst jetzt an deine Wand voller Graffiti
denken“, flüsterte Friska.
Ronko
kam auf allen Vieren zu ihnen.
„Ist das eine Netzwerkwache?“
Friska
antwortete nicht.
„Warum steht er da?“, fragte Ronko.
Friska
zuckte mit den Schultern und entfernte sich etwas von Ronko, der ihr
etwas zu nahe gekommen war. Er bemerkte es und grinste und bekam
einen bösen Blick geschenkt.
„Du
weißt, was ich mag“, flüsterte er.
„Und du stinkst nach Kohl“, sagte sie.
Das
Grinsen verschwand aus Ronkos Gesicht.
„Was erzählst du? Ich habe… habe geduscht.“
„Wann?“
Ronko
schnaubte zur Antwort.
Jemand
trat eine Dose. Sie flog lange durch die Luft, denn es verging eine
Ewigkeit bis das scheppernde Geräusch ihres Aufpralls zu hören war.
Friska
legte sich flach auf den Bauch und robbte wie einer dieser Soldat bis
zum Rand des Tunnelausganges und dabei dachte sie mit allen Sinnen an
die chinesische Mauer in all ihrer Pracht. Nur in dem Bruchteil der
Sekunde, in dem sie den Jungen auf dem leeren Parkplatz erblickte,
nicht. Für die Netzwerkwache eine halbe Ewigkeit.
„Friska von Turm Einhundertundeinundachtzig aus der
hundertdreiunddreizigsten Etage – du bist enttarnt – stelle dich
jetzt!“
Ronka
sprang auf und rannte in die Dunkelheit des Tunnels, lauthals
schreiend, wie ein Irrer: „Tut mir Leid, Jennifer!“
Die
Netzwerkwache kam mit zunehmendem Tempo auf den Tunnelausgang zu.
Friska griff wie aus Reflex nach dem Fahrrad, packte es und warf es
mit Wucht dem ankommenden nackten Mann entgegen, der nun fast die
Geschwindigkeit eines Geparden erreichte.
„Lauf!“, schrie Friska.
Das
kleine Mädchen sprang nun auch auf, da sie bisher erstarrt auf dem
Boden sitzen geblieben war. Sie rannte los, Ronkos Spuren hinterher.
Die
Netzwerkwache kam an. Das Fahrrad hatte ihr die Wange aufgerissen -
nun sah sie mit dem freiliegendem Gebiss und dem künstlichen Blut
aus, wie ein Ungeheuer. Friska schrie nur kurz auf, als er sie an den
Schultern packte und sie mit knapp 60 Stundenkilometern gegen die
Wand hinter ihr rammte. Das Licht hinter ihren Augen erlosch.
Draußen
hatte es zu regnen aufgehört. Vor dem Tunneleingang lag ein
verbogenes Fahrrad. Der Junge starrte dem nackten Mann hinterher. Er
hatte sich rücklings von ihm entfernt aber der Mann marschierte
einfach an ihm vorbei ohne ihn zu beachten. Dann trat er auf seine
Dose und plättete sie so flach wie eine Dampfwalze.
Im
Tunnel lag Friska zerstört am Boden. Das kleine Mädchen näherte
sich aus der Dunkelheit.
„Friska?“
In
ihrer Hand hielt sie noch immer Ronkos Comunicator. Das Gerät war
an.
„Friska?“
Der
Junge stand im Tunnelausgang.
Das
Display blinkte auf.
„Ich bin noch da“, sagte Friska.
Das
kleine Mädchen stand auf.
„Bist
du eine Ratte?“, fragte der Junge.
„Nein.“
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