Dienstag, 18. November 2014

Abzug

Center. 12 Uhr 33. Jugo saß auf dem Boden, er spiegelte sich in den Platten unter ihm. Eine Frau kam vorbei, sie hatte hohe Absätze. Jugo blickte nicht auf, er konnte sich vorstellen wie sie aussah. Tenta platzierte seine Capy schief auf seinem rasierten Kopf. Ein Mann in Grau kam vorbei und auf der anderen Seite schleppte eine Mutter ihr Kind hinter sich her. In den Schaufenstern an denen sie vorbei hasteten standen große Flachbildmonitore in schwarzer und silberner Farbe. Dann kamen zwei Jungen durch die Mitte der Halle und blieben stehen.
„Er hat einen Kommunikator dabei“, bemerkte Tenta.
„Jo“, sagte Jugo.
Drew und Kanbano kamen von der öffentlichen Toilette zurück.
„Checkt ihr wieder kleine Kinder ab?“
„Er hat einen Kommunikator dabei“, wiederholte Tenta nur.
Drew zuckte mit den Schultern, Kanbano zog sich seine Mütze über. Ein Typ von der Security kam vorbei, um einen Blick auf die 4 Jungs zu werfen. Er nickte beim Vorbeigehen. Tenta lächelte freundlich zurück.
„Willst du sie abziehen?“
„Klar, könnte sein, dass es das Teil ist, dass meiner Schwester geklaut worden ist“, sagte Tenta. Die anderen lachten.
„Du hast keine Schwester, Tenta – tut mir Leid“, sagte Kanbano.
„Langsam galubst du selbst an den Scheiß“, lachte Jugo.
Tenta grinste.
„Also, was ist? Wer geht hin?“, fragte Drew.
Jugo stand auf.
„Lasst mich das machen“, sagte er.
„Ich komme mit“, sagte Drew.
Jugo ging zu den beiden Jungen herüber. Tenta und Kanbano verzogen sich in den Laden vor dem sie gerastet haben. Drew ging langsam hinter Jugo her.
„Lass die, das ist es nicht“, rief er Jugo zu.
Jugo stand vor den beiden Jungen.
„Wisst ihr wie spät es ist?“
„Was?“, fragte Egid, er hatte lange blonde Haare und trug große Kopfhörer die er jetzt absetzte.
„Wie spät es ist“, sagte Jugo.
Drew stellte sich neben den anderen Jungen.
„Ich weiß nicht“, sagte Egid und klemmte sich seine Strähnen hinter die Ohren.
Sein Freund, Frek, holte sein Kommunikator aus der Jackentasche.
„Es ist 12 Uhr 38“, sagte er.
„He!“, rief Jugo.
Er zeigte auf den Kommunikator.
„Kann ich das Teil mal sehen?“
Frek schüttelte den Kopf.
„Komm, ich will es mir nur mal ansehen“, drängte Jugo.
„Sieht aus wie der von T- dingens Schwester“, sagte Drew.
„Wo hast du den her?“, fragte Jugo.
Egid machte einen Schritt zurück und blickte vorsichtig nach Links. Eine alte Frau wackelte am Brunnen in der Mitte der Halle vorbei, sie kam auf sie zu.
„Ich hab es geschenkt bekommen“, sagte Frek.
Jugo stellte sich nah an Egids Seite.
„Der Schwester eines Freundes von uns wurde so ein Teil letztes Wochenende geklaut – es sah genau, wie dieses hier aus“, sagte er.
„Nun zeig doch mal“, sagte Drew und nahm Frek den Kommunikator aus der Hand.
„Ich habe es von meinen Eltern geschenkt bekommen“, sagte Frek.
Drew reichte den Kommunikator an Jugo weiter.
„Das ist er“, sagte Jugo, „die gleichen Kratzer auf der Rückseite, schau.“
Er zeigte Drew die Rückseite des Gerätes.
„Scheiße, ja“, bestätigte Drew. „Du hast es von deinen Eltern?“
„Ja“, sagte Frek.
Egid machte einen weiteren Schritt zurück und schielte nun zur rechten Seite. Die wackelige Oma war schon an ihnen vorbei. Jetzt kamen zwei Männer in Anzügen auf sie zu, die sich beide über etwas unterhielten und keine Notiz von ihrer Umgebung nahmen. Auch sie gingen vorbei.
„Junge, bleib doch mal stehen“, sagte Jugo, „wir wollen euch doch nichts tun.“
„Quatsch“, bestätigte Drew, „aber wir müssen das jetzt echt mal klären, weil das Teil sieht wirklich so aus, wie der Komm von Achmeds Schwester.“
Jugo lachte.
„Achmed“, prustete er, „echt, Scheiße, an den Namen gewöhne ich mich nie.“
„Ja, lass mal“, winkte Drew ab. Er gab dem Jungen seinen Kommunikator zurück. „Wartet hier, ich hole Achmed, wir klären das mal, okay?“
Die beiden Jungen nickten. Drew drehte sich um und lief in den Laden in dem Tenta und Kanbano verschwunden waren.
„Tut mir Leid, echt Leute, aber das ist wichtig, es dauert nur 5 Minuten. Wir müssen uns sicher sein, dass es nicht das Teil von Ten- dings- Achmeds Schwester ist.“
„Ich hab es aber nicht geklaut, ich hab die Quittung noch“, sagte Frek.
„Echt? Hast du sie dabei?“
Frek schüttelte den Kopf. Drew kam mit Tenta und Kanbano zurück. Sie stellten sich in einem Halbkreis um die beiden Jungen.
„Zeig mir mal den Kommunikator“, sagte Tenta.
Frek gab ihm das Gerät.
„Und?“, fragte Jugo, „sieht doch wie das von deiner Schwester aus, oder?“
„Das ist das Teil von meiner Schwester, scheiße wo hast du es her?“, fragte Tenta. „Wo warst du letztes Wochenende?“
„Zuhause“, sagte Frek.
„Wart mal, er sagt, er hat die Quittung für das Teil“, sagte Jugo.
„Hast du sie dabei?“, fragte Tenta.
Frek schüttelte wieder den Kopf.
„Hast du es meiner Schwester geklaut? Letztes Wochenende!“ Tente packte Frek am Kragen seiner Jacke. Jugo hielt ihn sofort zurück.
„Bleib ruhig, Achmed. Bist du dir echt sicher, dass es das Teil von deiner Schwester ist? Ich meine, die klauen doch nicht so ein Teil, schau doch mal wie die aussehen.“
„Achmed!“, lachte Kanbano.
„Halts Maul, Junge“, zischte Jugo aber Kanbano musste trotzdem lachen – er drehte sich um.
„Ich hab es von meinen Eltern geschenkt bekommen“, sagte Frek noch einmal.
„Da hörst du es“, sagte Jugo, „lass ihn los, du erreichst nichts, wenn du ihn so anmachst. Wir fragen einfach deine Schwester.“
Tenta ließ Frek los.
„Tut mir Leid, Jungs, Tenta ist ziemlich angepisst wegen der Sache, er ist sonst nicht so“, erklärte Jugo. „Das sollten wir aber echt klären, versteht ihr, Achmeds Schwester ist nicht weit von hier, wenn ihr jetzt mit kommt, dann können wir alles auflösen.“
„Ne, ich komm nicht mit“, sagte Egid.
„Was?“, fragte Drew. Er kam auf Egid zu und Egid machte einige Schritte zurück. Er schüttelte den Kopf.
„Ich komme – wir kommen nicht mit.“
Frek schüttelte auch den Kopf.
„Wir müssen unsere Linie erreichen, die fährt in 10 Minuten“, sagte er.
„Dann gibt uns das Teil, wir gehen zu meiner Schwester und checken das – wir bringen es euch danach wieder – welche Haltestelle müsst ihr?“
„Nein, ich kann das nicht weggeben“, sagte Frek.
Tente wirbelte einmal um seine eigene Achse.
„Scheiße, was denn dann? Das Ding gehört meiner Schwester, ich weiß es! Willst du mich verarschen?“
„Bleib mal locker“, sagte Jugo.
„Ja, ganz ruhig, wir klären das schon“, sagte Kanbano grinsend. „Achmed.“
„Leck dich, Jusuf“, zischte Tenta.
Jugo atmete einmal tief ein.
„Okay, Jungs, ihr müsst euch mal entscheiden, entweder ihr kommt mit und wir klären das mit Achmeds Schwester oder ihr gibt uns das Ding und wir bringen es euch gleich wieder, das ist doch kein Fall – kommt schon, wir sind hier in 5 Minuten fertig, dann könnt ihr gehen.“
Frek sah Egid an. Er zuckte leicht mit den Schultern.
„Lass uns eben mitgehen“, sagte Frek leise, „wir haben noch etwas Zeit.“
Egid zuckte wieder mit den Schultern.
Kanbano legte Egid den Arm auf die Schulter.

 „Jetzt komm endlich, dann schafft ihr es noch rechtzeitig zur Haltestelle, beeilen wir uns“, sagte er und zog Egid mit sich. Alle zusammen gingen sie auf den Ausgang zu.  

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