Erdzeit:
21104836 Archenzeit: 00000000
Dusonstadt,
Sektor 1131, afrikanischer Kontinent, Space-Hafen „Namibia“.
Der
Space-Hafen sah aus wie eine gewaltige Röhre mit abgerundeten
Kanten, die 100 Meter in den Himmel ragte. Oben auf dem flachen Dach
standen die 10 Aufzug-Startrampen. Kein Mensch da.
Unten
auf dem Boden vor der Megastruktur drängten Massen auf die Mauern
ein. Die Vordersten wurden gegen das Gebäude gedrückt, stürzten
hin, wurden zertrampelt.
Wie
ein wahnsinnig-gewordener Ameisenhaufen, der sich durch eine
Stahlmauer zu drücken versuchte.
Das
Rauschen der Stimmen – mit der Zeit hörte es sich nur noch an wie
ein Rauschen – schallte durch die Luft, wahrscheinlich bis zum
Horizont, wo die Sonne im Wasser versank. Schon bald würden sich die
Polarlichter aus dem Nichts ergießen und am Nachthimmel leuchten wie
Wasserfälle aus Licht.
Das
Magnetfeld ging jetzt täglich aus und an manchen Orten ging es nicht
mehr wieder an. In den südafrikanischen Sektoren starben vor einigen
Wochen viele Menschen. Die meisten lebten jetzt in ihren Kellern.
In
Sektor 1 in Zentral-Europa brachte eine solche Schwankung des
Magnetfeldes der Erde alle Kraftwerke zum erliegen und Ki (die
künstliche Intelligenz) stürzte ab. Die Dusonstadt stand vor ihrem
Ende.
Crisin
saß auf einem viel zu großem Sitz zwischen ihren Eltern in Aufzug
6. Ki hatte sie noch rechtzeitig ausgewählt, bevor sie die Kontrolle
über die gesamte Stadt-Sphäre verloren. Sie drei hatten einen Platz
auf der Arche 016 bekommen, einem von 138 Generations-Schiffen, die
im Orbit der Erde schwebten. Die meisten dieser Archen waren noch
lange nicht fertig aber den Menschen auf der Erde blieb keine Zeit
mehr. Die Erde würde in einigen Jahren nicht mehr bewohnbar sein, da
sich das Magnetfeld auflöste – es polte sich um. Irgendwann in der
Zukunft würde es zwar wieder auftauchen – der Süden ist dann der
neue Norden und umgekehrt – aber bis es sich wieder aufgebaut hat,
wird die Strahlung der Sonne das meiste Leben ausgelöscht haben.
Crisin
merkte, dass der Handschuh ihres Anzugs, der die erhöhten G-Kräfte
beim Start zum Teil absorbieren sollte, nicht richtig saß. Sie
versuchte ihn fester mit dem Rest des Anzugs zu verbinden. Irgendwie
mochten sich die beiden nicht besonders. Der Handschuh ging eine
Verbindung ein, der Ärmel des Anzugs löste die Verbindung aber
sogleich wieder auf.
Einer
der Piloten bemerkte Crisin und kletterte über die Leiter zu ihr
herunter.
„Ich
helfe dir“, sagte er und nahm ihre Hand in seine und hob ihren Arm
weit in die Luft.
Crisins
Mutter wandte sich zu ihr um.
„Was
ist los?“, fragte sie besorgt.
Der
Pilot schüttelte den Kopf.
„Schon
in Ordnung, achten sie darauf, dass die Energiezufuhr im Gewebe nicht
zu sehr abgedrückt wird.“
Crisins
Handschuh schmiegte sich an ihre Hand und verband sich mit dem Ärmel
ihres Anzugs und dieser schmiegte sich ebenfalls eng an ihre Haut.
„Legen
sie jetzt bitte die Helme an“, sagte der Pilot laut.
Einige
der Insassen hatten diese bereits an, die anderen setzten sie jetzt
auf. Crisins Mutter half ihr dabei und danach ihrem Mann, der seinen
defekten linken Arm nicht mehr nutzen konnte. Er musste ihn mit der
rechten Hand festhalten, weil er hin und wieder ein Eigenleben begann
und komisch durch die Luft aus schlug.
Die
Fahrstühle wurden aus ihren Verankerungen gelöst. Die Rollklammern
schnappten zu, umschlossen das Aufzugsband, welches vom Himmel
herunter hing.
Zündung!
Irgendwo
hinter Crisin explodierte etwas dumpf. Der Ruck danach war gewaltig.
Sie wurde in ihren Sitz gepresst. Das Hologramm an der Aufzugsdecke
zeigte die Wolkenfetzen schnell näher kommen und schon bald waren
sie verschwunden. Das Hologramm zeigte viele Zahlen und Diagramme an.
Crisin verstand kaum etwas davon aber sie versuchte sich darauf zu
konzentrieren, um den Druck auf ihrer Brust zu vergessen, das Atmen
fiel ihr so schwer, dass sie glaubte um 100 Jahre gealtert zu sein.
„4
G“, sagte einer der Piloten.
In
ihrem Bauch fühlte sie ein Kribbeln, wie auf einer Achterbahn
vielleicht, aber es hörte nicht auf und sie befürchtete schon, sich
jeden Moment in die Hosen zu machen, als der Druck schnell wieder
nachließ.
„Merde“,
schimpfte ihre Mutter im Flüsterton.
Die
Schutzluken an den Wänden des Aufzugs öffneten sich. Crisin blickte
in die volle Sonne, die vorhin bereits untergegangen war. Ihr Vater
saß am Fenster und konnte hinaus sehen. Er sah den ganzen
Kontinenten. Die Erde leuchtete wie ein Diamant aber sie entfernte
sich auch schnell und weit über ihnen kam ihnen die Dunkelheit
entgegen.
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