Donnerstag, 20. März 2014
Montag, 10. März 2014
Zwischen Dusonstadt und Cornarea - Odyssee durchs Weltraum 2
Aufzug
6 zog sich am hauchdünnen Filmband immer weiter in die Höhe.
Irgendwo am Ende dieses Films raste die Andock-Stelle um die Erde
herum und zog ihrerseits am Band. Die Reise dauerte einen ganzen Tag
lang.
Erdzeit:
22104836 Archenzeit: 00000000
Der
Aufzug dockte an. Im Inneren merkte man nichts davon. Lichter über
ihren Köpfen gingen an, das Hologramm an der Decke ging aus und gab
die Schleuse dahinter frei.
„Lösen sie jetzt bitte ihre Gurte“,
sagte der Pilot, der Crisin beim Start mit ihrem Anzug geholfen
hatte. „Beachten sie, das keine Schwerkraft herrscht, bewegen sie
sich daher umsichtig – langsam.“
Die
88 Passagiere lösten nacheinander ihre Gurte und schwebten langsam
zur Decke. Im selben Moment zischte es kurz an der Schleuse und sie
ging langsam auf.
„Seien
sie vorsichtig an den Schleusentoren“, sagte der Pilot. „Sie
werden nicht stoppen wenn sie ihnen im Weg sind.“
Die
ersten Reisenden schwebten in den Tunnel dahinter. Das Ende war hell
erleuchtet und dort standen Menschen in weißen Uniformen.
Crisins
Mutter nahm sie an den Arm und ihr Vater klemmte sich auf der anderen
Seite bei ihr ein. Dann stieß sie sich mit einem Bein vom Sitz weg
und zusammen schwebten sie auf die Schleuse zu.
Die
Leute in den weißen Uniformen nahmen sie in Empfang.
„Hüpfen
sie vorsichtig bis zur Fähre“, sagte einer von ihnen.
Die
Piloten des Aufzugs kamen als Letzte in die Andock-Stelle. Sie fingen
an sich mit den Leuten in Weiß zu unterhalten.
„Wir
haben ein Problem“, hörte Crisin. Sie sprachen leise.
Der
Gang endete bei einer weiteren Schleuse, die bereits offen stand. Sie
führte ins Innere einer Fähre, die zur Arche fliegen sollte.
„Nehmen
sie ihre Plätze ein“, sagte eine Frau die ebenfalls eine weiße
Uniform trug. „Wir haben noch eine Stunde zu warten – bis alle
Aufzüge angekommen sind und alle Fähren besetzt. Dann nehmen wir
zusammen Kurs auf unser neues Zuhause.“
Eine
Stunde später starteten 16 Fähren. Die Arche lag nur knapp 100 000
Kilometer entfernt. In drei Stunden kamen sie an.
Erdzeit:
22104836 Archenzeit: 01010000
Arche
016 sah aus wie eine selbst gedrehte Zigarette aus dessen beiden
Enden noch sehr viel Tabak herauslugte. Die Struktur hatte einen
Durchmesser von 16 Kilometern und eine Länge von ca. 130 Kilometern.
Es war die größte Arche, die gebaut worden war und sollte Platz für
eine halbe Million Menschen bieten. Die Fähren sahen neben ihr aus
wie Staubkörner.
Arche
016 beherbergte eine ganze Welt. Von außen sah man nur die
Ummantelung dieser Welt, die sich in einem zylindrischen Raum
innerhalb dieser Ummantelung befand. Die Wände in diesem Zylinder
bedeuteten den Boden auf welchem man laufen würde – abgesehen von
den Wänden an den beiden Enden des Zylinders. Man konnte auf die
andere Seite dieser Welt schauen, wenn man den Blick in den Himmel
hob, wo sich ein langer Schacht über die ganze Länge des Zylinders
lang zog und mit grellem Licht leuchtete – er stellte die
künstliche Sonne dar. Damit diese Welt nicht auseinander brach und
die Böden auf einander zustürzten und damit die Menschen auf dem
Boden blieben und nicht in den künstlichen Himmel davon schwebten,
drehte sich dieser Zylinder innerhalb der Ummantelung in eine
Richtung. Durch die Geschwindigkeit der Bewegung wurde jegliches
Material an die Wände gedrückt und auch alle Lebewesen in dieser
Welt bekamen festen Boden unter den Füßen. Und weil alles so
gewaltig groß war, spürte man von diesen Kräften kaum etwas –
das Leben würde genau so sein, wie auf der Erde bei 1 G.
Nun
könnte man meinen, dass ein Raumschiff mit einer zylindrischen Form
mit einem seiner Enden voran fliegen würde, Arche 016 flog jedoch in
die Richtung in die sich auch die Zylinder-Welt im Inneren drehte.
Man könnte sagen, Arche 016 rollte durch den Raum, was es natürlich
nicht ganz traf. Arche 016 flog natürlich mit der Nasenspitze voran,
nur saß die Nasenspitze bei diesem interstellarem Raumschiff da, wo
es niemand erwarten würde.
Arche
016 beschleunigte mit einem Inter-Impuls-Antrieb und wurde durch
mehrere Fusionskraftwerke stabilisiert und korrigiert. Diese
Fusionskraftwerke würden dass Schiff irgendwann auf halber Strecke
der Reise langsam und von Jahrzehnt zu Jahrzehnt abbremsen, bis die
Arche in eine Umlaufbahn von Cornarea ging.
„Arche 010 … Impuls!“
Aten
bemerkte drei gewaltige Lichtblitze von der Fähre aus. Irgendwo in
der Tiefe des Alls, begab sich die erste Arche auf ihre lange, lange
Reise.
„Arche 008 … Impuls!“
Wieder
drei Blitze in der Tiefe.
Arche
003 hatte eine Länge von 68 Kilometern und gehörte damit zu den
größeren Generations-Schiffen. Sie beherbergte jetzt schon seit
mehr als einem Jahr knapp 400 000 Menschen die alle auf den Start
warteten. Und plötzlich war es soweit.
Der
Inter-Impuls-Antrieb funktionierte auf solch einfache Weise, dass er
geradezu peinlich war: Drei stark gewölbte Teller, jeweils zwei an
den beiden Enden und einer in der Mitte dienten als eine Art
Schutzschild vor der Explosion. Vor jedem Teller wurde eine sehr
starke Bombe platziert – im Fall von Arche 003 eine 100
Megatonnen-Wasserstoffbombe – und alle Bomben würden synchron
gezündet werden. Durch den Impuls der von der Explosion ausgehen
würde, würde die Arche in den Raum geschubst werden.
Aten
sah jetzt seine Arche. Arche 016.
Zwischen Dusonstadt und Cornarea - Odyssee durchs Weltraum
Erdzeit:
21104836 Archenzeit: 00000000
Dusonstadt,
Sektor 1131, afrikanischer Kontinent, Space-Hafen „Namibia“.
Der
Space-Hafen sah aus wie eine gewaltige Röhre mit abgerundeten
Kanten, die 100 Meter in den Himmel ragte. Oben auf dem flachen Dach
standen die 10 Aufzug-Startrampen. Kein Mensch da.
Unten
auf dem Boden vor der Megastruktur drängten Massen auf die Mauern
ein. Die Vordersten wurden gegen das Gebäude gedrückt, stürzten
hin, wurden zertrampelt.
Wie
ein wahnsinnig-gewordener Ameisenhaufen, der sich durch eine
Stahlmauer zu drücken versuchte.
Das
Rauschen der Stimmen – mit der Zeit hörte es sich nur noch an wie
ein Rauschen – schallte durch die Luft, wahrscheinlich bis zum
Horizont, wo die Sonne im Wasser versank. Schon bald würden sich die
Polarlichter aus dem Nichts ergießen und am Nachthimmel leuchten wie
Wasserfälle aus Licht.
Das
Magnetfeld ging jetzt täglich aus und an manchen Orten ging es nicht
mehr wieder an. In den südafrikanischen Sektoren starben vor einigen
Wochen viele Menschen. Die meisten lebten jetzt in ihren Kellern.
In
Sektor 1 in Zentral-Europa brachte eine solche Schwankung des
Magnetfeldes der Erde alle Kraftwerke zum erliegen und Ki (die
künstliche Intelligenz) stürzte ab. Die Dusonstadt stand vor ihrem
Ende.
Crisin
saß auf einem viel zu großem Sitz zwischen ihren Eltern in Aufzug
6. Ki hatte sie noch rechtzeitig ausgewählt, bevor sie die Kontrolle
über die gesamte Stadt-Sphäre verloren. Sie drei hatten einen Platz
auf der Arche 016 bekommen, einem von 138 Generations-Schiffen, die
im Orbit der Erde schwebten. Die meisten dieser Archen waren noch
lange nicht fertig aber den Menschen auf der Erde blieb keine Zeit
mehr. Die Erde würde in einigen Jahren nicht mehr bewohnbar sein, da
sich das Magnetfeld auflöste – es polte sich um. Irgendwann in der
Zukunft würde es zwar wieder auftauchen – der Süden ist dann der
neue Norden und umgekehrt – aber bis es sich wieder aufgebaut hat,
wird die Strahlung der Sonne das meiste Leben ausgelöscht haben.
Crisin
merkte, dass der Handschuh ihres Anzugs, der die erhöhten G-Kräfte
beim Start zum Teil absorbieren sollte, nicht richtig saß. Sie
versuchte ihn fester mit dem Rest des Anzugs zu verbinden. Irgendwie
mochten sich die beiden nicht besonders. Der Handschuh ging eine
Verbindung ein, der Ärmel des Anzugs löste die Verbindung aber
sogleich wieder auf.
Einer
der Piloten bemerkte Crisin und kletterte über die Leiter zu ihr
herunter.
„Ich
helfe dir“, sagte er und nahm ihre Hand in seine und hob ihren Arm
weit in die Luft.
Crisins
Mutter wandte sich zu ihr um.
„Was
ist los?“, fragte sie besorgt.
Der
Pilot schüttelte den Kopf.
„Schon
in Ordnung, achten sie darauf, dass die Energiezufuhr im Gewebe nicht
zu sehr abgedrückt wird.“
Crisins
Handschuh schmiegte sich an ihre Hand und verband sich mit dem Ärmel
ihres Anzugs und dieser schmiegte sich ebenfalls eng an ihre Haut.
„Legen
sie jetzt bitte die Helme an“, sagte der Pilot laut.
Einige
der Insassen hatten diese bereits an, die anderen setzten sie jetzt
auf. Crisins Mutter half ihr dabei und danach ihrem Mann, der seinen
defekten linken Arm nicht mehr nutzen konnte. Er musste ihn mit der
rechten Hand festhalten, weil er hin und wieder ein Eigenleben begann
und komisch durch die Luft aus schlug.
Die
Fahrstühle wurden aus ihren Verankerungen gelöst. Die Rollklammern
schnappten zu, umschlossen das Aufzugsband, welches vom Himmel
herunter hing.
Zündung!
Irgendwo
hinter Crisin explodierte etwas dumpf. Der Ruck danach war gewaltig.
Sie wurde in ihren Sitz gepresst. Das Hologramm an der Aufzugsdecke
zeigte die Wolkenfetzen schnell näher kommen und schon bald waren
sie verschwunden. Das Hologramm zeigte viele Zahlen und Diagramme an.
Crisin verstand kaum etwas davon aber sie versuchte sich darauf zu
konzentrieren, um den Druck auf ihrer Brust zu vergessen, das Atmen
fiel ihr so schwer, dass sie glaubte um 100 Jahre gealtert zu sein.
„4
G“, sagte einer der Piloten.
In
ihrem Bauch fühlte sie ein Kribbeln, wie auf einer Achterbahn
vielleicht, aber es hörte nicht auf und sie befürchtete schon, sich
jeden Moment in die Hosen zu machen, als der Druck schnell wieder
nachließ.
„Merde“,
schimpfte ihre Mutter im Flüsterton.
Die
Schutzluken an den Wänden des Aufzugs öffneten sich. Crisin blickte
in die volle Sonne, die vorhin bereits untergegangen war. Ihr Vater
saß am Fenster und konnte hinaus sehen. Er sah den ganzen
Kontinenten. Die Erde leuchtete wie ein Diamant aber sie entfernte
sich auch schnell und weit über ihnen kam ihnen die Dunkelheit
entgegen.
Abonnieren
Posts (Atom)