Und da betrat er die Korridore, als hinter ihm die Erde zu faulen begann. Die Nacht brach herein und stürzte den Tag als sei es für immer. Zu seiner Rechten spiegelte sich der Mond in einem großen Becher Kaffee der zu frieren begann. Verendete Fliegen klebten am Rand wie feuchte Erde und in der Masse boten sie weißen Larven Nahrung. Und als er die nächsten Schritte tat, das Freie verließ, schloss sich das Tor hinter ihm. Er stand in Düsternis und atmete ruhig. Mit jedem seiner Atemzüge drang der Gestank faulender Haut in seine Nase und seine Augen gewöhnten sich an die Dunkelheit im Korridor.
Da lag ein Mensch auf dem feuchten Stein und Zement. Und es war doch kein Mensch mehr. Nicht vom Geist und nicht vom Körper her. Totes Fleisch nur ohne Form. Dämonen rissen Hände auseinander, schnitten ihre Namen in die Haut, skalpierten und bohrten Löcher in den Schädel. Und im offenen Bauch, vollständig ausgehöhlt, lag ein Wandspiegel in dem man sein Spiegelbild betrachten konnte.
Das Gesicht das dort zu ihm hinauf sah – es schien nicht zu leben, weniger noch, als der menschliche Kadaver dort auf dem Boden, war er doch voller Blut und hergerichtet. Das Gesicht aber war weiß wie Schnee es nur sein konnte und die Haare schwarz wie der Ausdruck in den Augen. Sie starrten voller Hass und mordlüstern – dämonisch!
Und als der Korridor sich auftat zu einer Kammer, ging er in die Knie und atmete schwer. Eine Kerze flammte auf, die dort auf einem alten Schädel eines Ochsen stand, auf einem Stuhl mit einem kaputten Bein. Dahinter stand ein schreckliches Wesen, das hatte Haare bis zum Boden, schwarz wie verrottendes Fleisch, Löcher, wo Augen hätten sein sollen, aus denen schwarzes Blut quoll. Die Züge im Gesicht glichen einem nackten Vogelkopf ohne Schnabel, da an seiner Stelle ein Schlund kam der in eine unendliche Tiefe blicken ließ. Der Körper war umhüllt von einem Gewand aus genähten Skalps aller Art.
„Und nun bist du so nah“, sprach das Wesen. „So zielstrebig warst du. Unaufhaltsam in deiner Gier nach dem lebenden Tod. Und nun bist du so nah.“
„Wer bist du?“, fragte er.
„Erkennst du wirklich nicht? Du bist doch so nah und dennoch erkennst du nicht?!“, rief das Wesen laut mit gurgelnder Stimme. „Dann hast du es verdient hier zu sein, du hast es wahrlich verdient!“
„Ich verstehe nicht“, sagte er.
„Weil du verloren bist. Du weißt nicht mehr wer du bist, du hast dich vergessen“, sprach das Wesen und senkte den Kopf. „Ich bin tot“, sagten sie.
Und ob er den Spiegel hinter dem Stuhl so spät erst sah, beim sterben vielleicht, brachte er doch die Kraft auf, sich zu drehen und auf seinen toten Beinstümpfen sich zurück in den Korridor zu werfen und vielleicht entkam er – vielleicht.