Sonntag, 26. April 2015

Baron Barol

„Hinter diesem Himmel ist noch einer und dahinter wieder ein Himmel und dahinter auch. Und wir, wie weit wir auch durch die Himmel gegangen sind, sind erst in unserem Wohnzimmer angelangt. Selbst der erste Wind auf Erden hat unsere Haustüren nicht verlassen und trotzdem fühlen wir uns erhaben, seit wir über das hohe Gras schauten indem wir uns aufstellten.“

Baron Barol lag träge auf dem See. Das Schiff nahm den gesamten Platz am Steg ein. Die wenigen Fischerboote hatte es zur Seite gedrängt, als es gelandet war. Christinen saß im Schneidersitz an Deck und verschlang ein hart gekochtes Ei nach dem anderen. Eine leere Plastikflasche Multi-Vitaminsaft rollte über die Planken über Bord und ins Wasser zu dem anderen Müll der die gesamte Küste des Sees schmückte.
„Christinen?!“
Der Hafenmeister kam über eine Leiter zu ihm hoch.
„Hörst du mir zu?“
Christinen streckte sich, ließ sich auf den Rücken fallen und schloss die Augen.
„Was willst du, Karo?“
„Du könntest mir bei einer Sache helfen, wenn du schon all meine Kundschaft einschüchterst. Senith hat sich schon seit drei Tagen nicht mehr blicken lassen, ich glaube, er ist ziemlich sauer – wann willst du eigentlich zurück zum Mars?“
Christinen gähnte und streckte alle Viere von sich.
„Weißt du was, Karo? Ich denke, ich werde gleich sofort abhauen, du hast recht – es wird langsam Zeit nach Hause zu gehen.“
„Hilfst du mir vorher die Deppen aus meinem Laden zu werfen?“ Karo machte einen Deut in Richtung seiner Blechhütte, die er zwischen zwei eingestürzten Türmen gebaut hatte. Da lungerten drei Idioten herum, die es anscheinend drauf ankommen lassen wollten.
Christinen setzte sich wieder auf.
„Karo, komm schon, du willst mir doch nicht erzählen, dass du mit denen nicht alleine fertig wirst.“
„Ich bin kein Kopfgeldjäger mehr, Christinen. Ich habe jetzt eine Familie, eine Frau und einen Sohn.... Du verstehst, ich gehe keine solchen Risiken mehr ein.“
„Risiko?“, murmelte Christinen mit einem prüfenden Blick auf die Drei beim Bistro. „Die stehen kaum noch auf eigenen Beinen, Karo.“
Karo schnaubte.
„Du kapierst das sowieso nicht, Christinen. Ist gut, ich mach das schon aber sie zu, dass du bald weg bist hier.“
Christinen salutierte und legte sich wieder hin. Der Himmel über ihm war wolkenlos, die Sonne brannte auf seinem Gesicht. Eine Brise kühlte. Sein Kommunikator am linken Arm fing an zu vibrieren. Er hob den Arm und hielt das Display in sein Sichtfeld.
„Erhöhte Rad-Werte aus Süd-Süd-Ost in einer Stunde und dreiundvierzig Minuten“, warnte der Bordcomputer.
Er hörte Karo mit den drei Idioten streiten, setzte sich nochmals auf, seufzte und erhob sich träge.
„Ich hasse diesen Planeten“, murmelte er.

Karo räumte die leeren Flaschen von den Tischen.
„Kommt schon Leute, ich möchte schließen, ihr könnt morgen wieder kommen.“
„Nein“, sagte einer von den Dreien mit langsamer Stimme. Er hatte eine Glatze mit einigen wenigen Haaren hinter den Ohren. „Ich will noch nicht gehen – ich will lieber noch ein bisschen saufen.“
„Dann musst du das woanders tun“, sagte Karo, „steht auf und geht.“
Einer der Männer stand tatsächlich auf aber nicht weil er gehen wollte, sondern um sich über den Tisch nebenan zu übergeben.
„Scheiße“, rief Karo. Er packte den Betrunkenen am Kragen und warf ihn auf die Straße. Die beiden anderen sprangen auf. Der Glatzkopf schlug Karo ins Gesicht. Er taumelte zurück.
„Okay, hört zu, ich will keinen Ärger mit euch aber ihr geht jetzt!“
„Nein – ich will noch nicht gehen, ich will lieber noch ein bisschen saufen.“
Sein betrunkener Kollege nickte eifrig.
„Horito!“, rief der Glatzkopf. Er meinte das arme Schwein, dass sich übergeben hatte und nun in Richtung Steg taumelte. „Komm zurück, du vollkommen verblödeter Hornochse!“
Horito hob seine Fäuste, taumelte nun im Zickzack über den Steg und rief: „Wo ist das Schwein, wo ist er?“
Christinen stand plötzlich in seiner Bahn. Er packte den Betrunkenen am Hals, hob ihn mit einer Hand in die Luft und ließ ihn ins Wasser fallen. Dann spazierte er zum Bistro und ließ seine Pranken auf die Schultern des Glatzkopfs krachen, der sofort einknickte und nun kniend zu Christinen aufschaute.
„Mein Kollege möchte schließen“, sagte er.
„Oh“, machte der Glatzkopf. Er nickte. „Selbstv- verständlich.“
Christinen half Karo die Stühle an die Tische zu ketten, während die Säufer davon torkelten.
„Na also“, meinte Karo, „war das zu viel verlangt?“
„Danke, Karo“, sagte Christinen, „für den Liegeplatz. Ich bin dann mal weg.“
Karo nickte. Aber als Christinen schon wieder an Deck seines Schiffes war rief er: „Komm bald wieder, Christinen, alles klar? Der Steg gehört dir.“ Er lachte.

Christinen winkte ihm zu und verschwand im Hangar der Baron Barol.



„Meine Meinung ist, dass das Universum nur existiert, damit Leben entsteht. 13,7 Milliarden Jahre musste es sich entwickeln, bis es endlich soweit war und Leben entstehen konnte.

Bis zum heutigen Tag haben wir es nicht geschafft, ein Gefühl zu simulieren, und zwar so, dass es für eine Maschine eine Bedeutung hat – und ich sage: Kein Wunder, wir sind noch keine 13,7 Milliarden Jahre alt.“

„Aber Maschinen sind keine Lebewesen, nicht wahr?“

„Nein, aber sie können es werden – irgendwann. Sehen sie, Maschinen bestehen aus nichts anderem, als aus dem aus dem auch ein Lebewesen besteht. Ein Lebewesen ist nichts anderes, als eine höchst-komplexe Maschine, deshalb können wir auch einige Prozesse, die in unserem Körper stattfinden, nachbauen. Wenn wir das Wissen hätten, könnten wir sogar einen ganzen Menschen nachbauen - was natürlich und nicht zu unrecht, verboten ist!“

„Vollkommen unmöglich, obgleich es schon viele versucht haben, natürlich.

Aber sagen sie, Professor, verliert das Leben nicht an Besonderheit, verliert es nicht seine Magie, seinen Geist und seine Seele, wenn man Lebendes mit Maschinen vergleicht – das muss doch bedeuten, dass wir nichts weiter als programmierte Roboter sind.“

„Keinesfalls. Bedenken sie, das Leben ist vom Universum selbst programmiert worden, es ist so kompliziert und undurchschaubar, so voller Geheimnisse...

… wissen sie, ich und viele meiner Kollegen haben begonnen erst an Wunder zu glauben, als wir uns immer tiefer mit der Lebensforschung beschäftigten. Ich kenne einen Lebensforscher, der gab die Forschung irgendwann auf und wurde Mönch auf Calisto.

Das Leben ist besonders, es ist magisch, es hat einen Geist und eine Seele aber das bedeutet nicht, dass man es deshalb nicht logisch und wissenschaftlich erklären kann – Stück für Stück, vielleicht bis in alle Ewigkeit, wer weiß.“

Christinen schaltete die Übertragung ab. Die Baron Barol raste durch den Raum mit Kurs auf eine Umlaufbahn um den roten Planeten, seinem Heimatplaneten.  

Sonntag, 8. Februar 2015

RONYA (The Elder Scrolls Fanfiction)

Heute wachte ich auf dem Wagen einer Gefangenenkarawane auf. Die beißende Kälte musste mich geweckt haben. Ich zitterte am ganzen Leib, wie die steifen Äste der Nadelbäume in der eisigen Brise, an denen wir vorbei fuhren. Vielleicht brachten sie uns zurück nach Bruma, um uns dort ins Gefängnis zu werfen, war mein erster Gedanke aber ich ahnte unbewusst, dass wir gar nicht mehr in Cyrodiil waren. 
 "Ah, du bist wach", sagte der Nord mir gegenüber. Er hatte langes, blondes Haar und sehr helle Haut. Eben so, wie Nord aussahen. Doch für mich leuchtete er gerade zu und seine hellen Augen schienen in mich hinein zu sehen, ich konnte seinem Blick nicht stand halten und sah stattdessen zu meinen nackten Füßen. "Du wolltes wohl auch die Grenze überqueren, genau wie wir und dieser Dieb da drüben." 
Neben ihm saß ein anderer Mann. Er sah nicht aus wie ein Nord, sein Haar war dunkel und seine Haut gerötet, wie von der Sonne verbrannt. Er trug eine schwarze, schmutzige Robe und wirkte auch sonst heruntergekommen. 
 "Verdammt sollt ihr Sturmmäntel sein", fluchte der Dieb, "in Himmelsrand war alles in Ordnung, bis ihr gekommen seid!" 
Ich bemerkte seine Fesseln, während er sich noch weiter über die Sturmmäntel ausließ. Es waren dicke Taue, wie sie auf Schiffen verwendet wurden und sie waren so fest geknotet, dass sie tief in seine Haut schnitten. Und auch den Nord hatten sie gefesselt und auch mich. Und neben mir saß noch jemand, auch gefesselt aber er schien anders zu sein. Seine Robe war aus gutem Stoff und kunstvoll verziert, ein Pelz lag auf seinen Schultern aber seine Bekleidung war es nicht die ihn von den beiden anderen abhob. Ich weiß nicht warum, aber etwas sagte mir, dass er ein Anführer war, ein König vielleicht, jedenfalls wirkte er so auf mich, wie ein König. Und ich sollte nicht falsch liegen... 
 ".... Hätten sie nicht nach euch gesucht, hätte ich das Pferd vielleicht stählen können und wäre jetzt schon auf halben Wege nach Hammerfell", erzählte der Dieb. Er sah dann mich an. "Du da, du und ich, wir sollten gar nicht hier sein. Es sind diese Sturmmäntel hinter denen das Kaiserreich her ist." 
Ich sah ihn nur an. Keine Ahnung was ich ihm sagen sollte. Irgendetwas stimmte nicht mit mir. Ein merkwürdiges Gefühl in meinem Kopf, so, als sei ich noch nicht wirklich wach. Ich musste wirklich darüber nachdenken bevor mir ganz plötzlich klar wurde, dass ich mich nicht daran erinnern konnte, was gestern gewesen und was vorgestern war. 
Dann hörte ich in meinem Kopf jemanden meinen Namen rufen. Ich hörte ihn von vielen Stimmen rufen, von Frauen und Männern und dann erinnerte ich mich an ein Zeltlager in einem Wald aus bunten Bäumen, die in der Abendsonne leuchteten. Ich erinnerte mich an ein Feuer und an tanzende Personen und jemand übergab mir einen Bogen und sagte: "Du bist bald erwachsen, doch soll er dir jetzt schon gehören... damit du schon mal üben kannst." und dann spürte ich ein Lächeln und wieder rief jemand meinen Namen. Ronya. 

 "Und was stimmt mit dem nicht?", fragte der Dieb herablassend und meinte den Mann neben mir und ich bemerkte erst jetzt, dass man ihn geknebelt hatte, wobei man dabei sehr gründlich vorgegangen war. Der Mann wäre wahrscheinlich erstickt beim Versuch etwas sagen zu wollen aber er zog es anscheinend ohnehin vor still zu sein. 
 "Passt auf was ihr sagt", rief der Nord, "ihr sprecht mit Ulfric Sturmmantel dem wahren Großkönig." 
Der Dieb zog die Augenbrauen hoch, er schien überrascht. 
 "Ulfric? Der Jarl von Windhelm?", fragte er mit hoher Stimme. Beinahe erfürchtig sah er den Mann ihm gegenüber an und dann weiteten sich seine Augen vor Angst. "Aber wenn sie ihn gefangen haben – bei den Göttern, wohin bringen sie uns?!" 
 "Ich weiß nicht, wohin wir gehen werden aber Sovengarde erwartet uns", sagte der Nord mit melancholischer Stimme. Er blickte voraus in Fahrtrichtung. 
Die Kolone näherte sich einem Stadttor. Ich hätte es beinahe nicht bemerkt. Der kaiserliche Kutscher zog leicht an den Zügeln und das Pferd wurde langsamer. 
 "Nein, das kann nicht wahr sein", jammerte der Dieb, "das kann einfach nicht wahr sein!" 
Langsam kamen wir an einem Wegweiser vorbei. Eine fast parallel zu unserer verlaufende Straße führte von der Stadt weg in Richtung Ivarstad durch die Berge und wir kamen in Helgen an. Zwei Stadtbewohner kamen aus dem Wald und gingen eine Weile neben den Wagen her, bis wir sie überholt hatten.
 "Aus welcher Stadt stammt ihr, Pferdedieb?", fragte der Nord. 
Helgen war nicht besonders groß aber es musste sich um eine sehr alte Stadt handeln, denn das alte Gemäuer der Stadtmauern hatte schon vielen Angriffen trotzen müssen. Möglicherweise handelte es sich früher einmal um eine kaiserliche Festung, der Baustil unterschied sich kaum von dem was ich aus Cyrodiil kannte. 
 "Was interessiert euch das?", fragte der Dieb mit Misstrauen in der Stimme. 
 "Weil die letzten Gedanken eines Nord seinem Zuhause gelten sollten", antwortete der Nord. 
Die Hütten innerhalb der Mauern waren aus Holz und hatten Dächer aus Stroh auf denen noch die Überreste des letzten Schneefalls zu sehen waren. Die meisten Bewohner schienen Bauern oder Holzfäller zu sein, vielleicht auch Bergleute, ich konnte keine Händler oder Adelsmänner ausmachen. Sie alle starrten uns an, als wären wir ein Zirkus der von weit her in ihre Stadt kam oder vielleicht gerade wieder davon fuhr, weil sie allesamt ziemlich mürrisch dreinschauten. 
 "Mara, Kynareth, Akatosh...", betete der Dieb in den Himmel. 
Ein Junge in meinem Alter guckte uns zu, wie wir vorbei fuhren bis ihn sein Vater ins Haus schickte und dann kamen wir auf dem Dorfplatz an und die Kutschen hielten. 
 "Los gehts", sagte der Nord zu mir, "wir sollten den Himmel nicht warten lassen." 
Er erhob sich und auch ich stand mit zitternden Knien auf. Der Sack den ich trug, rutschte mir von den Schultern und entblößte fast meinen halben Körper aber ich konnte mit gefesselten Händen nichts dagegen tun, mal davon abgesehen, dass ich mir ganz andere Sorgen machen musste. Links von uns, unter einem Wachturm, stierte uns ein regloser Henker an und wartete geduldig. Das Blut in meinem Herzen gefror zu Eis und die Eissplitter durchdrangen den Muskel aber anstatt ihn erlahmen zu lassen, fing er an immer schneller zu klopfen. 
 "Nein, wartet", rief der Dieb, "wir sind keine Rebellen!"
 "Stellt euch eurem Tod mit etwas mehr Mut, Dieb", sagte der Nord und schubste ihn vom Wagen, dann kletterte er selbst herab und ich folgte ihm. 
Ich dachte, ich müsste jeden Moment zusammenklappen, in meinem Bauch verkrampften sich meine Innereien und meine Beine spürte ich fast gar nicht mehr – das lag aber vielleicht auch an der Kälte. 
 "Ihr müsst es ihnen sagen, wir gehörten nicht zu euch", rief der Dieb mit zunehmender Panik die man aus seiner Stimme heraus hören konnte. 
Wir standen schließlich alle vor einem weiblichen Hauptmann des Kaiserreiches und vielleicht einem Legaten der sich nicht ganz wohl zu fühlen schien. Er hatte eine Liste in der Hand und fuhr sich immer wieder mit der Hand durch sein Gesicht. 
 "Ihr trettet vor, wenn wir eure Namen rufen", rief die Hauptmann mit strenger Stimme. 
 "Das Kaiserreich liebt seine verdammten Listen", murmelte der Nord neben mir. 
 "Ulfric Sturmmantel, Jarl von Windhelm", rief der Legat. 
Der Geknebelte schritt voran und wurde zum Henker geführt, wo bereits zwei andere Sturmmäntel auf ihre Hinrichtng warteten. 
 "Es war eine Ehre, Jarl Ulfric", sagte der Nord, dann wurde auch er aufgerufen "Ralof von Flusswald!" und zum Henker geführt. 
 "Lokir von Rorikstad!"
Der Dieb trat zurück und stieß mit mir zusammen. Dann ging er auf den Legaten zu. 
 "Nein, ich bin kein Rebell – das dürft ihr nicht tun!"
Und dann hatte ihn die Panik übermannt und er rannte los. 
 "Halt", schrie die Hauptmann, "Bogenschützen!"
Lorik schaffte keine zehn Meter, als ein Pfeil seinen Körper durchbohrte und er zu Boden ging, ohne auch nur noch einen Ton von sich zu geben. Er blieb tot liegen. 
 "Will sonst noch jemand fliehen?", fragte die Hauptmann. 
Der Legat ließ seinen Finger über die Liste gleiten, dann blickte er auf und sah mich an. 
 "Wer bist du denn?" 
Die Hauptmann verschrenkte ihre Arme vor der Brust. 
 "Ronya."
 "Hauptmann, sie steht nicht in der Liste, was sollen wir tun?"
Die Hauptmann winkte mit der Hand ab. 
 "Vergesst die Liste, sie geht zum Block!"
Es war nur ein Funken Hoffnung gewesen aber es war das Letzte, dass mich stehen ließ und als der Funken erlosch, dachte ich, ich würde jeden Moment zu Boden gehen aber das passierte nicht. Ganz im Gegenteil. Es wurde alles taub um mich und auch ich, mein Herz und mein Inneres und ich wurde ruhig. Nicht einmal die Kälte konnte mir etwas anhaben. Ich ging zu den anderen Gefangenen und stellte mich neben Ralof dem Nord. 


Samstag, 24. Januar 2015

HyperDungeonSphere - Axii 6318

Axii 6318

Er kam durch einen Gang ins Freie, stand auf einer Straße im leeren Raum. Darunter eine Tiefe die in Dunkelheit versank und darüber auch. Nur am Horizont war eine gewaltige Installation zu sehen, eine Megastruktur, die im Nebel gerade noch zu erkennen war. Und sie schien verkehrt herum irgendwo im Himmel befestigt zu sein, wenn sie nicht schwebte.
Er ging über die Straße, die übersäht mit Kabeln und Rohren war. Einige der Kabel hingen von beiden Seiten herab und andere hingen herunter, wie Lianen in einem dichten Dschungel. Er musste über ein großes Rohr klettern, es war weich, wie die Gedärme eines gewaltigen Lebewesens in dessen Bauch er sich zu befinden schien. Auf der anderen Seite lag die Leiche eines Agil-Droiden und rottete vor sich hin. Jemand hatte ihm den Kopf abgerissen.
Axii kniete sich hin um eine Verbindung aufzubauen aber der Droide lag schon zu lange herum, wahrscheinlich waren seine Organe bereits zersetzt. Er durchsuchte seine Taschen und fand auch nichts. Dann bemerkte er aus den Augenwinkeln, dass etwas auf ihn zu stackste, wie eine große Spinne mit gebrochenen Beinen. Er stand auf.
Ihm Gegenüber stand eine Erbauer-Einheit im Kleinformat. Sie hatte einen humanoiden Körper aber er erkannte sie trotzdem und das wollte sie auch. Sie hatte ihre Kanäle geöffnet, so, dass er sofort wusste, um wenn es sich handelte.
 „Virus Axii 016“, sagte die Einheit mit einem Grinsen auf ihren schwarzen, feuchten Lippen.
Axii drehte um und sprang zurück über das Rohr. Die Einheit machte im selben Moment einen Satz und sprang in einem weitem Bogen und landete direkt vor Axii. Im nächsten Augenblick wurde er von ihrer Faust am Oberarm getroffen und in die Tiefe geschleudert. Während er fiel merkte er noch, dass sein Arm gebrochen und der Knochen gesplittert war.
Mit 211 Kilometern pro Stunde raste er immer weiter abwärts, verfing sich in Kabeln und wurde hin und her geschleudert, bis er auf die harte Oberfläche eines Sees aufschlug. Dunkelheit verschlang ihn und auch seine Sinne. Sein Körper trieb zerrissen, in Fetzen und funktionslos, sank immer tiefer herab und er konnte nichts dagegen tun.
Eine Frau in einem Taucheranzug kam, packte ihn am Kragen seiner Rüstung, die seinen Körper gerade so zusammenhielt und schwamm mit ihm zur Oberfläche. Dann ging Axii offline.

Er wachte nicht auf, doch er spürte sie in seinen Kopf eindringen. Sie sprach mit ihm in einer fremden Sprache.

Erst 6 Monate und 11 Tage später spürte er neue Energie in seinem Gehirn fließen.

 „Du bist in einer Matrix, solange wir deinen Körper reparieren“, sagte Torika, die Frau, die ihn aus dem Wasser geholt hatte. Sie hatte einen biologischen Körper, das spürte er sofort und sie hatte sich mit einem alten Kabel an die Matrix angeschlossen. Ihr Zugang schien defekt oder umfunktioniert zu sein, weil er ein andauerndes Rauschen spürte. Sie hatte ihre Vergangenheit mit einer Wand verstellt aber Axii erkannte sie einmal als Kind und dann auf einem Operationstisch auf dem ihr eine Speichererweiterung implantiert wurde. Dann kam immer wieder ein Mann durch eine Tür und dann ein Korridor in dem Blut von den Wänden floss.
 „Hör auf“, sagte sie.
Axii entfernte sich von der Wand. Er untersuchte nun die Matrix. Es war ein einfacher Raum mit einem Bett und einem Schreibtisch. Es gab auch ein Fenster aber dahinter gab es nichts. Und als er darauf zugehen wollte, setzte er sich stattdessen auf die Bettkante, auch als er es noch einmal versuchte. Der Schreibtisch flimmerte an einer Ecke.
 „Tut mir Leid, etwas anderes haben wir nicht“, sagte Torika.
Axii drehte sich zu ihr um. Sie stand vor ihm im selben Raum, die Arme vor der Brust verschränkt und noch immer hatte sie ihren Taucheranzug an.
 „Du bist von einer Erbauer-Einheit angegriffen worden“, sagte Torika.
  „Ich wurde nicht infiziert“, sagte Axii.
Sie nickte.
 „Nein, du nicht.“
  „Ich suche das Ki-Backup, weißt du etwas darüber?“, fragte Axii.
 „Du glaubst, das so etwas tatsächlich existiert?“
Axii antwortete nicht.

Nach drei Monaten in der Matrix kehrte Axii in seinen Körper zurück. Torika hatte sich in einem alten Hochhaus, das zwischen zwei Ebenen eingekeilt, frei in der Luft hing, ihre Werkstatt eingerichtet. Sie lebte nicht ganz alleine hier. Ein Agil-Droide half ihr bei der Arbeit. Überall im Raum lagen Trümmer von antiken Erbauer-Einheiten, lange Kabel klebten an der Decke und führten aus dem Fenster hinaus zum nächsten Kraftwerk, dass nicht weit weg, ebenfalls zwischen den beiden Ebenen augebaut worden war.
Axii setzte sich auf die Fensterbank und blickte hinab zur Ebene unter ihm. Sie verlief schräg in die Tiefe aber unten war keine Dunkelheit, da herrschte reges Treiben. Eine Stadt aus Schrott und einer breiten Straße voller Humanoider.
 „Das ist Kapstadt 16“, sagte Torika. „Wir glauben, dass irgendwo unter uns der alte Sektor liegt.“
Sie kam zu ihm ans Fenster und blickte auch runter.
 „Es heißt, hier sind die letzten Menschen in die Weltraumaufzüge gestiegen und zu den Archen gebracht worden.“
Sie schwieg eine Weile. Axii betrachtete ihre Schnittstellen im Nacken.
 „Ich bin fast ein Mensch“, sagte sie. „Ich bin aus dem gemacht, was sie zurück ließen.“
Axii wusste nichts über die Menschen, er verstand nicht, warum es den Klonen so wichtig war, etwas mit ihnen zu tun haben zu wollen aber das war ihm auch vollkommen egal. Einzig wichtig für ihn war, das Ki-Backup zu finden, um die Erbauer-Einheiten wieder unter Kontrolle zu bekommen.
 „Du bist auch ein Teil von ihnen, Axii“, sagte sie.
Axii stand auf.
 „Ich muss gehen“, sagte er.