Das Gefühl
ähnelte vielleicht dem das man als Kind gehabt hatte, wenn man beim
Zahnarzt auf das Rufen seines Namens wartete. Dieses bedrückende
Gefühl hielt jedoch an – viele Tage und Wochen ohne das etwas
geschah. Manchmal wünschte man sich fast, es würde endlich etwas
passieren – egal was. In Wirklichkeit aber hatten die meisten noch
immer die Hoffnung, alles würde gut ausgehen. Seit Generationen
hatte sich niemand mehr einer solchen Sache gegenüber stehen sehen.
In den Köpfen vieler galt es als... unmöglich?
Nach der
Schule musste ich nach Hause. Ich sollte mich nicht herum treiben.
Meine Eltern hatten jedoch keine Ahnung wann die Schule zu Ende war.
Zumindest glaube ich das. Jedenfalls nutzte ich jede Gelegenheit, um
nach der Schule Zeit mit Freunden zu verbringen.
Jeden
Morgen vor der Schule, kurz bevor ich das Haus verließ, kamen
Nachrichten im Fernsehen. Mehr bekam ich nicht mit, als ich in diesen
wenigen Minuten, in denen ich mir die Schuhe anzog und mir meine
Jacke umwarf, den Rucksack schulterte und „Bis dann“ sagte, zu
hören und sehen bekam.
Der Streit
betraf seltene Erden. Metalle die für die Produktion von Computern
wichtig waren. Nur ein einziges Land auf der Erde versorgte alle
anderen Länder mit diesen Metallen auf die jeder ganz scharf war.
Ich fragte mich, ob es deshalb vielleicht bald keine Computer mehr in
Deutschland geben würde. Das wollte ich bestimmt nicht, denn der
Computer war eines der wichtigsten Dinge in meinem Zimmer.
Parker –
ein merkwürdiger Junge. Oft wünschte ich ihm etwas
schlimmes und hätte liebend gern öfter noch ihm in sein Gesicht
geschlagen aber nur mit ihm erlebte ich Dinge von denen es sich zu
erzählen lohnt.
In unserer
Stadt gab es einen alten Schrottplatz. Unsere Zeit nach der Schule
verbrachten wir hin und wieder dort. Metallkisten voll mit Kabeln,
gestapelte PKW und andere Fahrzeuge und sehr merkwürdige
Konstruktionen die vielleicht etwas mit Abwasserkanälen zu tun
hatten oder Hochdruck-Behälter – was auch immer. Parker konnte von
Kabeln nicht genug bekommen. Immer wenn wir den Schrottplatz
verließen hatte er seinen Rucksack voll davon. Ich habe keine Ahnung
was er damit anstellte aber er nahm den Schrott jedes Mal mit.
Einmal war
ich bei ihm Zuhause. Das Haus seiner Eltern lag in der Nähe einer
großen Recycling-Anlage. Er lebte dort in einem ziemlich kleinen
Zimmer – besser als ein Abstellraum. Vielleicht war es sogar
größer, aber es war dermassen voll gestopft mit Elektrozeug, dass
man sich nur vorsichtig drehen konnte, wenn man nicht etwas umstossen
wollte.
Es gab
plötzlich ein zweites Land das diese seltenen Erden gewinnen konnte.
Jetzt konnte man Druck ausüben indem man dieses Land vorzog. Dadurch
würde es sehr reich werden, überlegte ich. Es stellte sich heraus,
dass sie kaum die Mittel hatten, um diese Metalle abzubauen. Die
reichen Länder mussten helfen. Die Menschen in diesem Land mochten
das aber nicht – was auch immer.
Parker
hatte ins Waschbecken gekotzt. Er stand schon fast am Ende der Stunde
auf und ging durch die Klasse auf unsere Klassenlehrerin zu.
„Du
siehst etwas käsig aus“, sagte sie.
Er wackelte
zum Waschbecken und erbrach – was auch immer. In der Pause fiel er,
ziemlich dramatisch, wie ich fand, auf seine Knie und würgte noch
etwas aber es kam nichts mehr. Ansonsten passierte nichts lustiges.
Einmal
hätte ich 100 Euro bekommen, wenn ich von der ersten Etage eines
Parkhauses gesprungen wäre. Damit hätte ich den
Krankenhausaufenthalt aber nicht bezahlen können also entschied ich
mich im letzten Moment dagegen. Parker hatte immer Geld und manchmal
genug um mal eben 100 Euro auf die Straße zu schmeißen um zu sehen
was passiert.
Irgendwann
wurde der Streit in den Nachrichten lauter und die Gesichter der
Menschen bedrohlicher. Dann sah man immer weniger Menschen, dafür
umso mehr Kriegsschiffe und irgendwann brannten einige davon.
Ich merkte
gar nicht wie der Oktober kam. Schüler meiner Klasse kamen nicht
mehr. Sie verschwanden ganz plötzlich. Erst wegen Krankheit, dann
sind sie in eine andere Stadt gezogen und schließlich hatten
wir soviel Platz im Klassenraum, dass man uns endlich sagte, sie
seien geflohen. Denn jeder auf der Welt musste sich nun für eine
Seite entscheiden und es ging, ohne das ich etwas davon mitbekam,
plötzlich nicht mehr nur um seltene Metalle. Es ging um alles, um
den letzten Fisch und darum, wie man am Ende am besten aus dem ganzen
Schlamassel heraus kam.
Ich lebte
auf der richtigen Seite des Landes, so bekam ich nicht mit, dass
viele fremde Soldaten in die Städte kamen. Sie sprachen alle
Englisch aber man verstand sie manchmal trotzdem nicht. Im Fernsehen
stellte man sie zum größten Teil als Freunde dar aber ich lernte
mehr Menschen kennen die gegen sie waren als anders herum. Persönlich
hatte ich nichts gegen sie. Ich wusste, dass sie uns helfen wollten
gegen die Bösen zu kämpfen – die mit den schmallen Augen.
Parker
wollte Soldat werden. Ich fand die Idee spannend aber selber wollte
ich nie Soldat werden. Soldat konnte ich auch am Computer sein. Das
stellte ich mir genauso spannend vor.